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Raumfahrt

Fieber im Weltraum

Körpertemperatur von Astronauten steigt in Schwerelosigkeit bis auf Fieberwerte

Die Schwerelosigkeit beeinflusst die Thermoregulation von Astronauten: Sie entwickeln ein schleichendes Fieber. © NASA

Überraschende Folge der Schwerelosigkeit: Wenn Astronauten länger im Weltraum sind, entwickeln sie ein schleichendes Fieber. Messungen bei der Besatzung der Internationalen Raumstation enthüllen, dass sich ihre Körpertemperatur selbst in Ruhe bei 38 Grad einpegelt – ein Grad mehr als normal. Bei Anstrengung und körperlichem Training steigen die Werte dagegen sogar auf mehr als 40 Grad – das entspricht starkem Fieber, wie die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichten.

Nachdem sich die bemannte Raumfahrt lange auf den Erdorbit beschränkt hat, sind nun Flüge zum Mond und Mars für die nähere Zukunft zumindest geplant. Doch der Aufenthalt im Weltraum birgt Gefahren. So droht durch die anhaltende Schwerelosigkeit ein gravierender Muskel- und Knochenschwund, wenn die Astronauten nicht ständig dagegen antrainieren. Bei Flügen aus dem schützenden Magnetfeld der Erde hinaus könnte die kosmische Strahlung zudem sowohl das Gehirn als auch das Herz-Kreislauf-System schädigen.

Ein Grad mehr im Orbit

Eine weitere Gefahr der Schwerelosigkeit haben nun Alexander Stahn von der Charité – Universitätsmedizin Berlin und seine Kollegen entdeckt. Für ihre Studie haben sie spezielle Stirnsensoren entwickelt, die die Körpertemperatur von elf Astronauten vor, während und nach ihrem sechsmonatigen Aufenthalt auf der Internationalen Raumstation ISS registrierten. Die Messungen fanden dabei sowohl in Ruhe als auch während der Sporteinheiten statt.

Das überraschende Ergebnis: Nach einiger Zeit im Orbit beginnen die Astronauten zu fiebern: Ihre Ruhetemperatur steigt langsam an und pendelt sich bei 38 Grad ein – rund einem Grad über den normalen 37 Grad. „Dieser Wandel scheint ein schleichendes Phänomen zu sein, das seinen Höhepunkt erst nach einigen Monaten im All erreicht“, berichten die Forscher. Das könnte erklären, warum dieses „Weltraumfieber“ bisher nicht bemerkt worden ist.

NASA-Astronautin Catherine Coleman beim Sporttraining auf der Interionalen Raumstation. © NASA

Über 40 Grad bei Anstrengung

Noch drastischer aber ist die Reaktion der Körpertemperatur, wenn die Astronauten ihr Sporttraining absolvieren: Ihr Körper läuft dann regelrecht heiß. Wie die Sensordaten zeigen, steigt die Kerntemperatur der Astronauten bei Anstrengung sehr schnell auf ungewöhnlich hohe Werte – in einigen Fällen sogar auf mehr als 40 Grad. Das entspricht starkem Fieber und gilt normalerweise als gesundheitsschädlich.

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Studien zeigen, dass vor allem das Gehirn sehr empfindlich auf überhöhte Temperaturen reagiert. „Als Limit gilt eine kurzzeitige Hirntemperatur von 44 Grad oder eine Erwärmung auf 42 Grad über 40 bis 60 Minuten“, erklären die Forscher. Doch die Astronauten auf der ISS erreichten bereits bei kurzen gemäßigten Trainingseinheiten Temperaturen über 40 Grad und lagen damit gefährlich nahe an diesen Obergrenzen.

Stress, Strahlung und ineffektives Schwitzen

Die Ursachen für dieses Fieber im Weltraum sind bisher noch unklar. Die Forscher vermuten, dass eine Kombination aus Stress und latenten chronischen Entzündungsreaktionen des Körpers für die schleichende Erhöhung der Ruhetemperatur verantwortlich sein könnte. Auch die erhöhte Belastung durch kosmische Strahlung könnte dafür eine Ursache sein. Indizien dafür fanden sie in einer Erhöhung bestimmter Immunbotenstoffe.

Die drastische, schnelle Überhitzung des Körpers beim körperliche Training könnte dagegen mit der schlechteren Wärmeabfuhr unter Weltraumbedingungen zusammenhängen: „Der Körper kann die überschüssige Hitze in der Schwerelosigkeit kaum loswerden“, erläutert Stahns Kollege Hanns-Christian Grunga. So verdampfe Schweiß weniger gut als auf der Erde und dadurch wirke er weniger kühlend.

„Dieses Weltraumfieber hat potenzielle Bedeutung für die Gesundheit und das Wohlergehen von Astronauten auf Langzeitflügen „, konstatieren Stahn und seine Kollegen. Bevor Astronauten auf erste Langzeitmissionen ins All starten, müsse daher näher untersucht werden, welche möglichen Folgen dieses Fieber hat und wie es sich möglicherweise vermeiden lässt. (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/s41598-017-15560-w)

(Charité – Universitätsmedizin Berlin, 08.01.2018 – NPO)

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