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Energie

Kraftstoff aus Joghurtresten

Bakterien wandeln Abwässer der Joghurtproduktion in wertvolles Bio-Öl um

Joghurt ist nicht nur lecker: Aus einem Abfallprodukt, das bei seiner Herstellung entsteht, lässt sich auch Kraftstoff erzeugen. © George Rudy/ iStock.com

Wertvolles Abfallprodukt: Forscher haben eine Methode entwickelt, mit der sich Sauermolke in Kraftstoff für Flugzeuge umwandeln lässt – mithilfe von Bakterien. Die Mikroorganismen bearbeiten das Abfallprodukt der Quark- und Joghurtherstellung und setzen es in mehreren Schritten in ein Produkt mit hohem Kohlenstoffanteil um. Das Ergebnis ist ein Bio-Öl, das in einer Raffinerie weiterverarbeitet werden kann.

Quark, griechischer Joghurt oder Frischkäse sind beliebte Lebensmittel. Doch für jeden Liter Milch, der in die Herstellung dieser Produkte fließt, entsteht das Doppelte an Abfall: sogenannte Sauermolke. Diese enthält neben Lactose und Fructose vor allem Milchsäure und kann wegen ihres hohen Säuregehalts weder in großen Mengen an Tiere verfüttert, noch sonst wie sinnvoll weiterverwendet werden. Daher wird die Molke in der Regel entsorgt oder auf landwirtschaftlichen Flächen verteilt.

Doch künftig könnten aus diesem Abfall begehrte Produkte entstehen. Denn Wissenschaftler um Lars Angenent von der Universität Tübingen und seine Kollegen haben eine Methode entwickelt, mit der die Molke wiederverwertbar gemacht werden kann – und zwar ganz ohne den Einsatz zusätzlicher Chemikalien. Dies gelang ihnen dank winziger Helferlein: Bakterien.

Bakterien als nützliche Helfer

Um die Sauermolke weiterverwertbar zu machen, gaben die Forscher sie in einen Bioreaktor mit unterschiedlichen Bakterienkulturen – ein sogenanntes Reaktor-Mikrobiom: „Dieses Mikrobiom ist eine offene Kultur, in der sich auch Bakterien von außerhalb ansiedeln können, ähnlich dem Mikrobiom in unserem Darm. Eine Sterilisation des Bioreaktors oder des Abwassers ist deshalb nicht nötig“, erklärt Angenent.

Die Mikroorganismen wandeln die einzelnen Bestandteile der Molke in zwei Schritten bei unterschiedlichen Temperaturen um: Zunächst setzen Bakterien bei 50 Grad Celsius Zucker in Säure als Zwischenprodukt um – die gleiche Säure, die entsteht, wenn Milch sauer wird. In einem zweiten Tank erfolgt dann bei 30 Grad Celsius eine weitere Umwandlung. „Dabei werden bestimmte Bakterien selektiert und der Prozess so gelenkt, dass wertvollere organische Stoffe mit längeren Kohlenstoffketten entstehen“, berichtet der Biotechnologe.

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Aus Sauermolke wird Kraftstoff

Am Ende enthielt die Mischung schließlich Produkte mit sechs bis neun Kohlenstoffen in einer Reihe – darunter vor allem Capron- und Caprylsäure. Der Clou: Diese Stoffe können nicht nur als Tierfutter verwendet und wegen ihrer antimikrobiellen Eigenschaften sogar der Vorbeugung von Krankheiten dienen.

Sie lassen sich auch leicht in Kraftstoff, beispielsweise für Flugzeuge, umwandeln. Denn durch den hohen Kohlenstoffanteil entwickelt die Mischung aus dem Bioreaktor ölige Eigenschaften. Dieses Öl kann den Wissenschaftlern zufolge einfach abgetrennt, gereinigt und dann in einer Raffinerie weiterverarbeitet werden.

Nachhaltige Kreislaufwirtschaft

„Wir stellen somit Bio-Öl aus bakterieller Produktion her“, sagt Angenent. Das Innovative daran sei, dass für den Prozess keine anderen kohlestoffreichen Chemikalien verwendet werden müssten, das Abwasser allein reiche aus. Bislang habe man die Herstellung von Stoffen mit langen Kohlenstoffketten nur durch Zugabe teurer Chemikalien erreicht.

Die Produktion von Bio-Öl gehört zur Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft, die alle Abfallprodukte in wertvollere Stoffen recycelt, wie das Team betont. „Eine Kreislaufwirtschaft kann nur dann wirklich nachhaltig sein, wenn die Energie aus erneuerbaren Quellen kommt und der Kohlenstoff für Chemikalien aus Kohlendioxid und anderen kohlenstoffhaltigen Abfällen wie Sauermolke“, schließt Angenent. Nun müsse untersucht werden, wie andere Abwässer ebenso in nützliche Chemikalien verwandelt werden könnten. (Joule, 2017; doi: 10.1016/j.joule.2017.11.008)

(Eberhard Karls Universität Tübingen/ Cell Press, 28.12.2017 – DAL)

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