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Biologie

Leuchtwurm mit Superkräften

Röhrenbauende Würmer produzieren extrem leistungsstarken Eisenspeicher

Leuchtendes Wesen mit Superkräften: Wurm der Gattung Chaetopterus © David Liittschwager/ Scripps Institution of Oceanography at UC San Diego

Eisenspeicher der Extraklasse: Die am Meeresgrund lebenden Röhrenwürmer der Gattung Chaetopterus sind in doppelter Hinsicht außergewöhnlich. Sie leuchten länger als viele andere biolumineszierende Tiere und sie produzieren ein wahres Super-Protein. Dieses Ferritin speichert Eisen achtmal schneller und effektiver als die menschliche Variante, wie Experimente zeigen. Die Entdeckung dieses „Super-Ferritins“ könnte in Zukunft zu neuen Anwendungen in Medizin und Biotechnologie führen.

Die röhrenbauenden Meereswürmer der Gattung Chaetopterus sind faszinierende Wesen. Selbst unfähig Licht zu detektieren, leuchten sie selbst in den dunklen Tiefen des Ozeans in vollem Glanz. Denn die Würmer beherrschen die Kunst der Biolumineszenz und erzeugen ein bläuliches Licht. Diesen Schein können die Tiere über Stunden, ja sogar Tage hinweg erhalten – viel länger als die meisten anderen biolumineszierenden Organismen, die in der Regel nur kurz aufleuchten, um dann sofort wieder in der Dunkelheit zu verschwinden.

Forscher fasziniert diese ausdauernde „Superkraft“ seit jeher. Jetzt stellt sich heraus, dass dieses Talent nicht die einzige ungewöhnliche Fähigkeit der Würmer ist: Auch in Sachen Eisenverwertung sind die leuchtenden Wesen wahre Überflieger. Denn ihr Ferritin, ein Speicherstoff für Eisen, der bei vielen Tieren und Pflanzen vorkommt und den Stoffwechsel dieses essentiellen Spurenelements steuert, ist extrem leistungsstark.

Chaetopterus-Würmer leben in einer Röhre, die sie typischerweise in den Schlamm am Meeresgrund bauen. © Evelien De Meulenaere/ Scripps Institution of Oceanography at UC San Diego

Eisendepot im Visier

Beim Menschen dient Ferritin als Eisendepot und kontrolliert den Eisengehalt im Blut: Das Protein speichert Eisen, sobald es verfügbar ist, in Form von dreiwertigem Eisenoxidhydroxid – und entlässt den Stoff, wenn der Körper ihn braucht. Dimitri Deheyn von der University of California in San Diego und seine Kollegen haben entdeckt, dass auch die Chaetopterus-Würmer über Ferritin verfügen. Unter anderem kommt es in dem von den Tieren produzierten Schleim vor.

Die Wissenschaftler vermuteten, dass das Ferritin etwas mit der langen Leuchtfähigkeit der Wesen zu tun haben könnte und untersuchten das Protein daher genauer. Um zu sehen, wie sich das Wurm-Ferritin im Vergleich zum menschlichen Protein verhielt, fügten sie beide in jeweils eine Lösung mit Eisenionen hinzu. Dabei maßen sie, wie viel Eisen nach ein bis zwei Stunden noch in der Flüssigkeit enthalten war und wie schnell die Proteine das Eisen oxidierten.

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Achtmal effizienter

Es zeigte sich: Obwohl sich beide Ferritin-Varianten auf den ersten Blick stark ähneln, arbeiten sie offenbar unterschiedlich. Das Wurmprotein reicherte das Eisen aus der Lösung rascher an und wandelte es auch schneller in Eisenoxid um. Insgesamt produzieren die Chaetopterus-Würmer demnach ein Protein, das achtmal effizienter ist als das im menschlichen Körper.

Die Entdeckung dieses „Super-Ferritins“ könnte in Zukunft zu neuen Möglichkeiten in der Forschung führen. Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich den Forschern zufolge etwa im Bereich der Biotechnologie oder der Medizin. So könnte das Protein beispielsweise bei der Behandlung von Patienten mit Eisenmangel zum Einsatz kommen oder als effizientes Vehikel dienen, das Arzneimittel in Form von kleinen Molekülen speichert und direkt an ihren Einsatzort im Körper transportiert.

Bis dahin bleiben jedoch noch viele Rätsel zu klären: „Wir beginnen gerade erst zu verstehen, warum das Ferritin bei den Würmern so viel schneller arbeitet und was dieses Protein möglicherweise mit der ausdauernden Biolumineszenz dieser Wesen zu tun haben könnte“, schließt Deheyn. Zudem haben die Forscher bereits eine weitere mögliche Superkraft von Chaetopterus entdeckt: Die Röhren der Würmer scheinen erstaunlich hitzebeständig zu sein. Was es damit auf sich hat, sollen weitere Studien zeigen. (Biochemical Journal, 2017; doi: 10.1042/BCJ20170681)

(University of California – San Diego, 22.12.2017 – DAL)

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