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Mikrobiologie

In Arktis und Antarktis leben die gleichen Bakterien

Mikroben-WGs an den Polen ähneln sich erstaunlich

Wimmelndem Leben auf der Spur: Geowissenschaftlerin Julia Kleinteich nimmt Süßwasserproben in der Antarktis. © Daniel Farinotti

Winzige Weltenbummler: Obwohl Arktis und Antarktis an entgegengesetzten Polen der Erde liegen, fühlen sich dort offenbar ganz ähnliche Bakterienarten wohl. Eine Studie zeigt: Die Mikroben-WGs in diesen beiden entlegenen Regionen gleichen sich erstaunlich stark. Wie genau die Bakterien vom Norden in den Süden kommen und dabei Barrieren wie Ozeane überwinden, ist noch unklar. Denkbar sei eine Verbreitung über die Atmosphäre oder durch Vögel und Menschen, schreiben die Forscher.

Ob auf unserem Körper, in Flüssen und Seen oder auf einem winzigen Sandkorn – sieht man nur genau hin, wimmelt es überall: von Bakterien. Die kleinen Mikroben haben auch die letzten Winkel der Erde für sich erobert. Selbst in so abgeschiedenen Regionen wie den Polargebieten kommen sie zu Heerscharen vor. Doch welche Arten tummeln sich dort genau?

Diese Frage haben sich Forscher um Julia Kleinteich von der Universität Tübingen gestellt und das wimmelnde Leben in Arktis und Antarktis nun erstmals miteinander verglichen. Für ihre Studie sequenzierten sie die DNA von Bakterien aus Süßwasser und Biofilmen der terrestrischen Regionen an den Polen. Die Proben stammten unter anderem von der britischen Forschungsstation Rothera auf der Antarktischen Halbinsel sowie der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen in der Arktis.

Erfolgreiche Generalisten

Die Vergleiche offenbarten Erstaunliches: „Trotz der großen geografischen Distanz beinhaltet die Bakteriendiversität teilweise die gleichen Arten“, berichten die Wissenschaftler. „Einige Mikroorganismen haben also das Potenzial, sich global über Barrieren wie Ozeane hinweg zu verbreiten.“

Die Mechanismen dafür seien noch unklar: Denkbar sei eine Verbreitung über die Atmosphäre oder durch Vögel und Menschen. Da man in Vergleichsproben aus gemäßigten Breiten auch schon Überschneidungen zu den polaren Mikroorganismen gefunden hat, handelt es sich bei den Bakterien wahrscheinlich um Generalisten, wie Kleinteich und ihre Kollegen vermuten – Mikroorganismen, die in einem breiten Spektrum von Umweltbedingungen überleben könnten.

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Ähnliche Reaktion auf den Klimawandel

Doch nicht alle Polbewohner kommen im Norden und im Süden vor: Die Forscher stießen auch auf Bakterien, die ausschließlich in der jeweiligen Region vorkamen. „Der Anteil war in der stärker isolierten Antarktis größer, diese scheint eine teilweise einzigartige Diversität an Mikroorganismen aufzuweisen und ist daher besonders schützenswert“, sagt Kleinteich.

Die Erforschung der Verbreitungsmuster von Arten, die sogenannte Biogeografie, bringt Erkenntnisse dazu, wie Ökosysteme auf Umweltveränderungen wie beispielsweise den Klimawandel reagieren. Nach den aktuellen Ergebnissen sei zu erwarten, dass arktische als auch antarktische Mikroorganismen in gleicher Weise auf den Klimawandel reagierten, schreiben die Wissenschaftler.

Letzter Rückzugsraum

„Dieser zeigt an den Polen bereits starke Auswirkungen durch eine Temperaturerhöhung teilweise auf über 0 Grad Celsius und eine Gletscher- und Schneeschmelze“, sagt Kleinteich. Während jedoch die Antarktis für Mikroorganismen noch Rückzugsraum biete, seien die Ausweichmöglichkeiten in der Arktis auch für kälteangepasste Säugetiere beinahe ausgeschöpft.

In weiterführenden Studien erforscht das Team derzeit Gletscherregionen in den Schweizer Alpen, die ähnliche klimatische Bedingungen wie die Polarregionen aufweisen. „Wir untersuchen, ob alpine Regionen als Inseln in der Verbreitung kälteangepasster Organismen dienen und ob der Klimawandel hier die Bakteriendiversität und damit deren Ökosystem verändert“, schließen sie. (Frontiers in Ecology and Evolution, 2017; doi: 10.3389/fevo.2017.00137)

(Eberhard Karls Universität Tübingen, 14.12.2017 – DAL)

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