Anzeige
Astronomie

Galaxien: „Eingefangenes“ Sternenlicht gibt Geheimnisse preis

Forscher untersuchen Bewegungen der Sterne und Masse der Galaxien

Galaxienhaufen MS 1008-12 © Universität Göttingen

Die Entwicklung ferner Galaxien untersuchen Nachwuchswissenschaftler an der Sternwarte der Universität Göttingen: Die Forscher vergleichen dabei ihre spektroskopischen Bewegungsmessungen, aus denen unter anderem die Gesamtmasse der Galaxien bestimmt werden kann, mit dem optischen Erscheinungsbild eines Sternsystems. Dazu wird das mit Teleskopen „eingefangene“ Sternenlicht in seine Bestandteile zerlegt. Ein solches Spektrum erlaubt unter anderem Einblicke in die Dynamik und Entstehungsgeschichte von Himmelskörpern oder gibt Auskunft über die Häufigkeit dort vorkommender chemischer Elemente.

Vor rund 80 Jahren fanden Wissenschaftler erste Hinweise dafür, dass das Universum vor 14 Milliarden Jahren aus einem Urknall entstanden ist und sich seitdem ausdehnt. Inzwischen besteht aufgrund zahlreicher Messungen kein Zweifel daran, dass das Weltall einen zeitlichen Anfang hatte und die heute bekannten Strukturen das Ergebnis einer komplexen Entwicklung sind.

„Unsere Forschungen basieren darauf, dass die Untersuchungen von Galaxien in unterschiedlichen Entfernungen einem Blick in verschiedene Epochen ihrer Entwicklung entsprechen“, erläutert der Astrophysiker Dr. Bodo Ziegler. „Eine Galaxie in 100 Millionen Lichtjahren Entfernung erscheint uns in dem Zustand, den sie vor 100 Millionen Jahren hatte, denn so lange war das Licht unterwegs, bis es uns erreicht hat. Unsere Beobachtungen betreffen sogar einen Bereich, der das halbe Weltalter, also rund sieben Milliarden Jahre, umfasst“, so der Astrophysiker.

Je nach Umgebungsdichte sind die Sternsysteme im Laufe der Jahrmilliarden verschiedenen, teils spektakulären Wechselwirkungen ausgesetzt. Ziegler: „Galaxien können sich gravitativ gegenseitig stören oder gar verschmelzen und dadurch zum Beispiel eine bedeutende Steigerung ihrer Sternentstehungsrate und damit ihrer Helligkeit erfahren.“

Die Göttinger Wissenschaftler beschäftigen sich mit zwei Haupttypen von Galaxien im Universum. Dazu gehören gasreiche Scheibengalaxien mit Spiralarmen und aktiver Sternentstehung, zu denen auch die Milchstraße zählt, sowie gasarme Elliptische Galaxien mit vorwiegend alten Sternen. „Anhand ihrer Eigenschaften in unterschiedlichen kosmischen Epochen lassen sich fundamentale Modelle zur Strukturentstehung und -entwicklung testen“, sagt Asmus Böhm, der sich in der Forschernachwuchsgruppe inbesondere mit den Spiralgalaxien befasst.

Anzeige

Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen, bei denen „nur“ das Sternenlicht der Galaxien erforscht wurde, schließen die kinematischen Messungen der Göttinger Wissenschaftler auch jenen Teil der Materie mit ein, der unsichtbar ist.

Dunkle Materie im Visier der Forscher

Die Natur dieser geheimnisvollen „Dunklen Materie“ ist bislang noch unbekannt, sie hat aber einen weit größeren Anteil an der Gesamtmasse einer Galaxie und am Materieinhalt des Universums insgesamt als die leuchtende Materie. „Wenn wir die Geschwindigkeit, mit der sich Sterne und Gas um das Zentrum einer Galaxie bewegen, als Funktion des Abstandes vom Mittelpunkt auftragen, so verläuft diese so genannte Rotationskurve anders als dies die Verteilung der sichtbaren Materie erwarten lässt. Dies lässt darauf schließen, dass Spiralgalaxien von einem Halo, einem Ring dunkler Materie umhüllt sind“, sagt Dr. Klaus Jäger, der in der Gruppe für die Analyse von Spiralen in Galaxienhaufen zuständig ist. „Wenn Sternsysteme von außen in einen Galaxienhaufen hineinfallen, verlieren sie durch den Einfluss der Gravitation ihrer zahlreichen Nachbarn möglicherweise einen Teil ihres dunklen Halos und zeigen dramatische Veränderungen ihrer internen Bewegung.“

Die Messungen, mit denen die Wissenschaftler der Georg-August- Universität den kinematischen Signaturen auf die Spur kommen, werden mit den größten Teleskopen der Welt durchgeführt; sie bewegen sich am Limit des derzeit technisch Machbaren, erläutert Alexander Fritz aus Wien (Österreich), der in der Göttinger Forschernachwuchsgruppe an seiner Dissertation arbeitet. Das Team profitiert dabei von der Beteiligung der Universitäts-Sternwarte am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile, dem Hobby-Eberly Teleskop in den USA und dessen 2005 in Betrieb gehenden Zwilling SALT in Südafrika. Ein besonderer Erfolg war das Einwerben von Beobachtungszeit am Weltraumteleskop Hubble. Mit den hochauflösenden Aufnahmen des außerhalb der Atmosphäre kreisenden Observatoriums sind die Forscher in der Lage, die aus den kinematischen Messungen abgeleiteten Störungen der Galaxien im Detail mit ihrem optischen Erscheinungsbild zu vergleichen.

Nach der erfolgreichen Evaluation durch eine internationale Gutachterkommission wird die VolkswagenStiftung (Hannover) ihre Förderung für diese seit 2001 bestehende Forschernachwuchsgruppe auf dem Gebiet der Astrophysik bis Ende 2006 fortsetzen. Damit erreicht das Göttinger Team unter der Leitung von Dr. Bodo Ziegler die maximale Förderdauer von sechs Jahren mit einem Fördervolumen von insgesamt 1,2 Millionen Euro.

(idw – Universität Göttingen, 14.01.2005 – DLO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Gezüchtete Diamanten

Erste Diamanten unter Normaldruck erzeugt

Neuer Stammbaum für die Blütenpflanzen

Könnte dieses Riesenvirus zum Heilmittel werden?

Wie lebten die Awaren?

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

Big Eyes - Riesenteleskope und die letzten Rätsel im Kosmos

Bücher zum Thema

Die Geburt des Kosmos aus dem Nichts - Die Theorie des inflationären Universums von Alan Guth

Das Universum nebenan - Revolutionäre Ideen in der Astrophysik von Marcus Chown

Die Schöpfung - Vergangenheit und Zukunft des Universums

Das Universum - Eine Reise in die Unendlichkeit von Serge Brunier

Top-Clicks der Woche