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Astronomie

Erdzwillinge: Lebenssuche wird komplizierter

"Äquator-Falle" auf Proxima b und Co könnte chemische Spuren des Lebens schlucken

Nahe Erdzwillinge wie TRAPPISDT-1d könnten verräterische Lebensspuren vor den Astronomen verstecken. © MPI für Astronomie

Störende Strömungen: Die Suche nach Lebensspuren auf nahen Erdzwillingen könnte schwieriger werden als gedacht. Denn die gebundene Rotation von Exoplaneten wie Proxima Centauri b führt dazu, dass chemische Lebenssignaturen in ihrer Atmosphäre nicht gleichmäßig verteilt sind. Stattdessen konzentrieren Gasströmungen solche Gase am Äquator – und machen ihren Nachweis dadurch sehr viel schwerer.

Ob Proxima Centauri b, die sieben Erdzwillinge um TRAPPIST-1 oder Ross 128 b: In unserer kosmischen Nachbarschaft existieren gleich mehrere lebensfreundliche Exoplaneten – und damit potenzielle Träger außerirdischen Lebens.

Ob es auf fremden Planeten tatsächlich Leben gibt, hoffen Astronomen anhand bestimmter Moleküle in der Atmosphäre dieser Planeten zu erfahren. Denn einige chemische Verbindungen werden typischerweise durch lebende Organismen produziert und lassen sich bei genügender Mengen mittels spektroskospischer Analysen nachweisen. Auf unserer Erde gehören der Sauerstoff in der Erdatmosphäre und das Ozon beispielsweise dazu.

Das Problem der gebundenen Rotation

Doch dieser Nachweis könnte bei vielen nahen Erdzwillingen schwieriger sein als gedacht, wie Ludmila Carone vom Max-Planck-Institut für Astronomie und ihr Team jetzt herausgefunden haben. Das Problem: Viele dieser Exoplaneten, darunter Proxima Centauri b und der vielversprechendste Planet im TRAPPIST-1-System, TRAPPIST-1d, sind ihrem Stern so nah, dass sie ihn in gebundener Rotation umkreisen.

Die Planeten kehren dem Stern dadurch immer die gleiche Seite zu. Auf einer Hälfte des Planeten herrscht daher immer Tag, auf der anderen aber ewige Nacht. Diese Tag-Nacht-Verteilung führt dazu, dass auch die Temperaturen und Gasströmungen in den Atmosphären anders verteilt sind als beispielsweise auf der Erde. Wie sich dies konkret auf die Molekülverteilungen auswirken könnte, haben Carone und ihre Kollegen nun mithilfe von Computermodellen untersucht.

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Einige Exoplaneten könnten Luftströmungen aufweisen, die Ozon in den Äquatorgebieten gefangensetzt. © L. Carone / MPI für Astronomie

„Ozonfalle“ am Äquator

Dabei entdeckten sie: Ausgerechnet das Ozon, eine als potenzieller Lebensanzeiger geltende Verbindung, ist besonders stark von den ungewöhnlichen Strömungsbedingungen betroffen. Während es auf der Erde über die gesamte Atmosphäre verteilt wird, ist dies bei Planeten in engen Umlaufbahnen und mit gebundener Rotation nicht der Fall, wie die Astronomen herausfanden.

Stattdessen sorgen auf diesen Planeten großräumige Gasströmungen dafür, dass das Ozon an nur wenigen Stellen konzentriert wird. Die Gaswinde wehen von den Polen aus zum Äquator und sammeln dort das gesamte Ozon an. Die Äquatorregion fungiert gewissermaßen als „Ozonfalle“ auf diesen Planeten. Der Rest der Atmosphäre ist dadurch jedoch fast vom Ozon „freigefegt“.

Auf den Blickwinkel kommt es an

Das aber bedeutet: Treffen Planetenforscher bei ihren spektroskopischen Analysen das falsche Gebiet, entgeht ihnen das Ozon – und damit ein möglicher Hinweis auf außerirdisches Leben.

„Auch wenn auf einem fernen Planeten kein Ozon nachgewiesen wird, muss das daher nicht bedeuten, dass es dort überhaupt keinen Sauerstoff gibt“, erklärt Carone. „Vielleicht haben wir schlicht am falschen Ort gesucht und das Ozon ist anderswo versteckt.“

Dieser Umstand muss berücksichtigt werden, wenn Strategien für die Suche nach Leben auf anderen Planeten formuliert werden. „Dass die Suche nach außerirdischem Leben nicht einfach werden würde, wussten wir von Anfang an“, sagt Carone. „Wie schwierig sie tatsächlich wird, das beginnen wir gerade erst herauszufinden.“

Leben trotz lückenhafter Ozonschicht?

Wäre auf einem erdähnlichen Exoplanet mit einer Ozonschicht nur im äquatorialen Bereich, oder ganz ohne schützende Ozonschicht, überhaupt Leben möglich? „Prinzipiell ja“, sagt Carone. „Proxima b und die TRAPPIST-Planeten umkreisen rote Zwerge, rötliche Sterne, die allgemein nur sehr wenig schädliches UV-Licht emittieren.“ Der Strahlenschutz der Ozonschicht könnte daher für diese Planeten weniger dringend nötig sein als für die Erde.

Andererseits können Rote Zwerge sehr temperamentvoll sein. So neigt beispielsweise Proxima Centauri alle sieben Jahre zu heftigen Ausbrüchen, bei denen der Stern neben Plasma auch energiereiche Strahlung freigesetzt wird. Ohne Schutz wären diese „Super-Sonnenstürme“ für Organismen auf dem Planeten vermutlich tödlich.

„Es gibt viel, was wir noch nicht über diese roten Zwergsterne wissen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir in fünf Jahren viel mehr wissen werden“, meint Carone. Bis dahin könnten sowohl Fortschritte in der Modellierung als auch die Verfügbarkeit deutlich besserer Daten wie denen des James Webb Space Telescope mehr Aufschluss über die Bedingungen auf den nahen Erdzwillingen geben. (Monthly Notes of the Royal Astronomical Society, 2017; doi: 10.1093/mnras/stx2732)

(Max-Planck-Institut für Astronomie, 01.12.2017 – NPO)

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