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Medizin

AMD: Auslöser identifiziert

Makuladegeneration beginnt mit einem fehlgeleiteten Enzym

Forscher haben ein fehlgeleitetes Enzym als Auslöser der Makuladegeneration identifiziert - das bietet einen Ansatzpunkt für eine Therapie. © mishoo/ iStock.com

Neue Hoffnung für Menschen mit altersbedingter Makuladegeneration (AMD): Forscher haben erstmals einen Auslöser für diese häufige Netzhaut-Erkrankung identifiziert – und damit einen Ansatz für eine wirksame Behandlung. Demnach beginnt AMD mit einer fehlgeleiteten Aktivierung eines bestimmten Enzyms. Dies löst eine Reaktionskaskade aus, die letztlich zum Niedergang von Netzhautzellen führt, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Medicine“ berichten. Sie wollen nun nach einem Wirkstoff suchen, der das Enzym gezielt blockiert.

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine der häufigsten Ursachen für eine Erblindung bei älteren Menschen: Weltweit sind mehr als 180 Millionen Menschen betroffen, in Deutschland erkrankt bereits jeder dritte über 60-Jährige daran. Bei der häufigeren trocknen Form der AMD gehen im Laufe der Zeit die Pigmentepithelzellen der Netzhaut zugrunde – eine Zellschicht, die die Photorezeptoren mit Nährstoffen versorgt und zelluläre Abfälle abführt.

Suche nach dem Auslöser

Trotz jahrelanger Forschung und zahlreichen Studien gibt es gegen die trockene AMD bisher kein wirksames Heilmittel. Das Fortschreiten lässt sich allenfalls verlangsamen. Auch Versuche mit Stammzellen, die die zerstörten Zellen ersetzen sollen, stecken erst in den Anfängen. Einer der Gründe dafür: Die Ursachen der AMD sind bisher nicht im Detail aufgeklärt.

Jetzt jedoch könnten Nagaraj Kerur von der University of Virginia in Charlottesville und seine Kollegen einen entscheidenden Fortschritt erzielt haben. Denn sie haben einen der ersten Dominosteine in der Reaktionskaskade identifiziert, die letztlich zur AMD führt. Anstoß für ihre Studie gab die Beobachtung, dass bestimmte Entzündungsbotenstoffe in der Netzhaut betroffener Patienten besonders reichlich vertreten waren.

Alarm-Enzym setzt Kaskade in Gang

Als die Forscher untersuchten, wie es zu dieser Erhöhung dieser Entzündungsbotenstoffe kommt, stießen sie auf einen überraschenden Akteur: Ein Enzym, das normalerweise eine wichtige Rolle für die Abwehrreaktion des Immunsystems gegen Eindringlinge spielt. Das Enzym cGAS fungiert dabei als Sensor, der auf fremde DNA reagiert. Seltsamerweise jedoch wird dieser Sensor auch bei AMD aktiviert, wie die Forscher feststellten.

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„Es ist wirklich überraschend, dass cGAS bei Makuladegeneration aktiviert wird – obwohl diese Krankheit nichts mit Viren oder Bakterien zu tun hat, soweit wir wissen“, sagt Seniorautor Jayakrishna Ambati von der University of Kentucky. „Dennoch springt dieses Alarmsystem offenbar an – und führt dann letztlich zur Zerstörung der Zellen in der Netzhaut und damit zur Erblindung.“

Die Wissenschaftler vermuten, dass das Enzym cGAS bei AMD irrtümlich auf körpereigene RNA reagiert. „Zum ersten Mal kennen wir damit eines der ersten Ereignisse, die das System in Alarmbereitschaft versetzt und – um es salopp auszudrücken – es zum Hyperventilieren bringt“, sagt Ambati.

Neuer Ansatzpunkt für Therapie

Die Identifizierung dieses Schlüsselenzyms als Auslöser der AMD-Reaktionskaskade könnte eine ganz neue Chance für eine Therapie der Augenkrankheit bieten: „Weil der Ansatzpunkt ein Enzym ist, könnten wir gezielt Moleküle entwickeln, die dessen Funktion blockieren“, erklärt Kerur. „Es gibt bereits zahlreiche Wirkstoffe auf dem Markt, die spezifische Enzyme auf diese Art deaktivieren.“

Durch eine gezielte Suche in Wirkstoffbibliotheken und computergestütztes Moleküldesign hoffen die Forscher, in den nächsten Jahren ein geeignetes Blockade-Molekül für cGAS zu finden. „Wir könnten hier erstmals einen Ansatzpunkt gefunden haben, um ganz früh im Krankheitsprozess einzugreifen“, sagt Ambati. Ob sich diese Hoffnung bestätigt, werden nun weitere Studien zeigen müssen.

Sollten Tierversuche und erste klinische Studien jedoch dann die Wirksamkeit der Enzymblockade gegen AMD belegen, könnte endlich ein Mittel gegen die Augenkrankheit gefunden werden. (Nature Medicine, 2017; doi: 10.1038/nm.4450)

(University of Virginia Health System, 28.11.2017 – NPO)

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