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Raumfahrt

Orkan auf dem Titan

Huygens soll Stürme auf dem Saturnmond erkunden

Die höchste jemals auf der Erde registrierte Windgeschwindigkeit beträgt 510 Stundenkilometer – gemessen am 3. Mai 1999 in einem Tornado in Oklahoma. Auf dem Saturnmond Titan bläst der Wind jedoch vermutlich noch stärker – und das dauerhaft: In den oberen Atmosphärenschichten des Trabanten stürmt es wahrscheinlich mit über 700 Stundenkilometern. Am kommenden Freitag wird man es genauer wissen: Die Raumsonde Huygens wird auf dem stürmischen Mond landen.

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Am 14.01. gegen 11:15 Uhr deutscher Zeit wird die Titansonde Huygens in die Atmosphäre des Saturnmondes eintreten – so der Plan. Bereits ein paar Minuten später beginnt sie mit der Datenübertragung an die „Muttersonde“ Cassini, die während der Mission in etwa 60.000 Kilometer Entfernung an Titan vorbeifliegt. Zunächst wird Huygens mit einem Hitzeschild und schließlich durch eine Serie von Fallschirmen gebremst, so dass der Flug durch die Atmosphäre des Mondes etwa zwei bis 2,5 Stunden dauern wird.

Die Sonde soll dann während ihres etwa zweistündigen Flugs durch die Titanatmosphäre die Windgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen genau messen. Konzipiert wurde das Experiment von Wissenschaftlern der Universität Bonn; es soll Aufschluss über die Mechanismen geben, die derartig starke Stürme hervorrufen.

Zur Messung der Windgeschwindigkeit wollen die Wissenschaftler vom radioastronomischen Institut den so genannten Dopplereffekt nutzen. „Dieser Effekt ist uns aus dem Alltag bekannt: So erscheint uns die Sirene eines Polizeiwagens höher, wenn er sich auf uns zu bewegt; wir hören dagegen eine niedrigere Frequenz, wenn er sich von uns entfernt“, erklärt der Bonner Radioastronom Dr. Michael Bird. „Das gleiche Phänomen tritt auch bei der Datenübertragung von Huygens zu Cassini auf.“

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Der Radiosender auf Huygens hat eine besonders stabile und genau bekannte Frequenz. „Daher ist es möglich, mit Hilfe der Doppler-Frequenzverschiebung die Geschwindigkeit der Sonde relativ zur Muttersonde Cassini genau zu messen“, so Bird. „Da wir außerdem die Position und Geschwindigkeit von Cassini gut kennen, lässt sich aus diesen Daten die Geschwindigkeit von Huygens relativ zur Titanoberfläche berechnen.“ Dabei handelt es sich nicht nur um die bloße Sinkgeschwindigkeit durch die Atmosphäre, sondern die Sonde wird zusätzlich von den herrschenden Winden horizontal „verweht“.

„Wir wollen auf diese Weise die Windgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Höhe über dem Titanboden bestimmen“, erläutert der Radioastronom. „Vermutlich ist es dort viel stürmischer als auf der Erde: Aufgrund von Messungen mit Hilfe von Teleskopen auf der Erde glauben wir, dass in 200 Kilometern Höhe Winde mit Geschwindigkeiten von rund 700 Stundenkilometern herrschen könnten.“ Der Wind weht dabei wahrscheinlich stets nach Osten, also gleichgerichtet mit der Rotation des Titans. Der genaue Mechanismus, der derart hohe Windgeschwindigkeiten hervorruft, ist noch nicht im Detail verstanden. Die Ergebnisse des Dopplerwindexperiments werden daher mit großer Spannung erwartet.

Nach Ende der gesamten Mission richtet Cassini seine Antenne in Richtung Erde, um die Daten zu übermitteln, die er von Huygens empfangen hat. Erst kurz nach 16 Uhr – etwa 5 Stunden nach Huygens Eintritt in die Atmosphäre – werden die ersten Daten im Kontrollzentrum der ESA in Darmstadt eintreffen.

(Universität Bonn, 13.01.2005 – NPO)

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