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Biologie

Alligator frisst Hai

Forscher dokumentieren ungewöhnliches Fressverhalten von Mississippi-Alligatoren

Erwischt: Dieser Alligator hat sich einen Ammenhai geschnappt. © U.S. Fish and Wildlife Service J.N.

Räuber frisst Räuber: Wenn es ums Fressen geht, schrecken Alligatoren selbst vor metergroßen Haien nicht zurück. In brackigen Mündungsgebieten fressen die Reptilien häufiger als gedacht Haie und Rochen, wie Forscher nun berichten. Diese ungewöhnliche Ernährungsweise scheint zumindest unter Mississippi-Alligatoren weit verbreitet zu sein. Bisher war diese Art der Interaktion zwischen Räuber und Räuber dem Team zufolge weitestgehend unbekannt.

Im Wasser oder am Ufer von Flüssen lauernd, machen Alligatoren meist Jagd auf alles, was ihnen vor die Schnauze kommt: Krustentiere, Schnecken, Fische, Vögel und kleine Säugetiere stehen bevorzugt auf ihrem Speiseplan. Doch die räuberischen Echsen überraschen Forscher auch immer wieder mit eher ungewöhnlichen Ernährungsvorlieben. So stellte sich heraus, dass die Fleischfresser mitunter durchaus Appetit auf vegetarische Kost haben. Wie ihre Verwandten, die echten Krokodile, fressen sie demnach häufiger Nüsse, Beeren, Gemüse oder Grassamen als gedacht.

Ebenso erstaunlich, aber alles andere als fleischlos, ist eine Ernährungsgewohnheit, die James Nifong von der Kansas State University in Manhattan und seine Kollegen nun bei Alligatoren beobachtet haben. Offenbar nehmen es die in den US-Staaten an der Atlantik- und Golfküste heimischen Mississippi-Alligatoren nicht nur mit kleinen Fischen auf: Sie jagen auch Haie.

Haie auf dem Speiseplan

Um mehr über die Ernährung der Reptilien zu erfahren, pumpten die Wissenschaftler die Mägen von mehr als 500 lebenden Alligatoren aus und analysierten deren Inhalt. Außerdem statteten sie einige Tiere mit GPS-Trackern aus. Dabei stellten sie fest, dass die eigentlich im Süßwasser heimischen Alligatoren immer wieder in Mündungsgebiete schwimmen, in denen sich Süß- und Salzwasser vermischen. In diesen Gebieten kommen auch viele Haie vor – unter anderem werden dort ihre Jungtiere groß.

Bei ihren Forschungen dokumentierten Nifong und seine Kollegen, dass die Alligatoren regelmäßig Haie und Stachelrochen verspeisten. Insgesamt stehen demnach mindestens eine Stachelrochen-Spezies und vier kleinere Haiarten auf dem Speiseplan der Tiere – unter anderem der bis zu vier Meter lange Ammenhai.

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Opportunistische Jäger

Den Forschern zufolge ist dies der erste Nachweis einer so weitverbreiteten Interaktion zwischen den beiden Räubern. Bisher hatte es lediglich vereinzelte Berichte über haifressende Alligatoren auf einer Insel vor der Küste von Georgia gegeben. „Nun zeigt sich, dass dieses Verhalten entlang der gesamten Küste von Georgia bis hinunter nach Florida einschließlich der Golfküste verbreitet ist“, sagt Nifong.

Wie er berichtet, sind Alligatoren opportunistische Jäger: Sie nutzen die Gunst der Stunde, wenn sich die Gelegenheit zu einer Mahlzeit ergibt. In Gegenden, in denen sich Haie und Krokodile einen Lebensraum teilen, schwimmt der eine Räuber zwangsläufig ab und zu an dem anderen vorbei – und landet auf dem Speiseplan.

„Unsere Ergebnisse werfen nun die Frage auf, wie wichtig Haie und Rochen tatsächlich für die Ernährung der Alligatoren sind und ob die Echsen durch ihr Fressverhalten womöglich Populationen gefährdeter Arten bedrohen“, schließt Nifong. (Southeastern Naturalist, 2017; doi: 10.1656/058.016.0306)

(Kansas State University, 18.10.2017 – DAL)

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