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Geowissen

Brachten Vulkane Kleopatras Reich zu Fall?

Verringerte Nilfluten und ausbleibender Regen förderten Konflikte und Kriegsniederlagen

Diese Katakomben in Alxandria zeugen von der Herrschaft der Ptolemäer über Ägypten. Doch ihr Reich könnte immer wieder durch die Klimafolgen von Vulkanausbrüchen geschwächt worden sein. © Asiatologist/ CC-by-sa 4.0

Fatale Fernwirkung: Gehäufte Vulkanausbrüche könnten das ägyptische Reich der Ptolemäer empfindlich geschwächt haben – und förderten vielleicht sogar Kleopatras endgültige Niederlage. Denn die Eruptionen schwächten den Monsun und damit die Niederschläge, die die jährlichen Nilfluten in Ägypten speisten. Das ptolemäische Ägypten erlebte immer dann besonders häufig Revolten und Kriegsniederlagen, wenn die Nilfluten nach solchen Eruptionen ausblieben, wie Forscher berichten.

Das Reich der Ptolemäer ist vor allem wegen Kleopatra bekannt – der letzten Königin Ägyptens vor der Eroberung durch die Römer im Jahr 31 vor Christus. Doch die Herrschaft der griechisch-makedonisch-stämmigen Ptolemäer über das Reich am Nil begann bereits fast 300 Jahre früher: Nach dem Tod Alexanders des Großen übernahmen sie die Herrschaft und machten Alexandria zu ihrer Hauptstadt.

Abhängig vom Nil

„Das Ptolemäische Reich besaß mit Alexandria eine der größten Städte im gesamten Mittelmeerraum, berühmt wegen seiner Bibliothek und dem Leuchtturm“, erklären Joseph Manning von der Yale University und seine Kollegen. „Die Stadt war damals ein Zentrum der Innovation und beherbergte so große Geister wie Euklid und Archimedes.“

Doch so fortgeschritten die Zivilisation Ägyptens auch war – sie hatte eine Schwachstelle. Denn die gesamte Landwirtschaft und Nahrungsversorgung des Landes hing am Nil und seinen alljährlichen Fluten. Erst sie brachten fruchtbaren Schlamm auf die Felder und lieferten genügend Wasser für den Pflanzenanbau. „Die alten Ägypter waren auf die vom ostafrikanischen Sommermonsun getriebenen Fluten des Nils angewiesen“, erklärt Manning.

Vulkangase schwächten den Monsun und die Nilfluten

Wie sich jetzt zeigt, könnte diese Abhängigkeit den Ägyptern – und insbesondere dem Reich der Ptolemäer – zum Verhängnis geworden sein. Denn wie Manning und seine Kollegen herausgefunden haben, veränderten damals Vulkanausbrüche mehrfach das Klima und schwächten den afrikanischen Monsun. Dadurch aber blieben auch die wichtigen Fluten des Nils in den beiden Jahren nach solchen Eruptionen häufig aus.

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In den Jahren, in denen es einen größeren Vulkanausbruch in den Tropen oder auf der Nordhalbkugel gab, blieb auch der Pegel des Nils während der Sommerflut anomal niedrig. © Manning et al. / Nature Communications, CC-by-sa 4.0

Den Zusammenhang von Vulkanausbrüchen und Nilfluten rekonstruierten die Forscher aus mehreren Quellen. Für die Chronik der Nilfluten werteten sie historische Aufzeichnungen aus, die Zeiten größerer Eruptionen der letzten 2.500 Jahre konnten sie anhand von Eisbohrkernen rekonstruieren. Klimamodelle zeigten schließlich, wie der Ausstoß vulkanischer Schwefelgase den afrikanischen Monsun schwächt und damit auch den Wassernachschub für die Nilfluten.

Revolten in den Hungerjahren

Die Folgen für das ptolemäische Ägypten waren spürbar, wie der Vergleich historischer Ereignisse mit den Zeiten niedriger Nilfluten ergab. So blieben die Überschwemmungen nach heftigen Eruptionen in den Jahren 46 und 44 vor Christus fast komplett aus. Kleopatra linderte die Not der Menschen zwar vorübergehend, indem sie Getreide aus den königlichen Kornkammern verteilen ließ. Doch das reichte nicht, um die Ernteausfälle auszugleichen. Als Folge brach wenig später eine Revolte aus.

Auch die 20 Jahre andauernden Aufstände von Theben ab dem Jahr 207 vor Christus könnten durch eine Reihe großer Vulkanausbrüche und die dadurch verursachten wiederholten Flutausfälle zumindest angefacht worden sein. „Wir beobachteten eine klare Zunahme der Revolten in den Eruptionsjahren“, berichten die Forscher. Im Jahr 238 vor Christus erwähnt ein Priesterdekret ausbleibende Überschwemmungen in den Vorjahren, gleichzeitig berichtet ein anderer Papyrus von einer „ägyptischen Revolte“.

Eroberungs-Feldzug abgebrochen

Sogar die Kriegserfolge der Ptolemäer könnte der vulkanische Klimaeinfluss entscheidend beeinflusst haben. „Die historischen Daten enthüllen eine signifikante zeitliche Übereinstimmung zwischen dem Abbruch von Kriegszügen und Eruptionsjahren“, berichten die Forscher. Häufig mussten die ägyptischen Herrscher und Feldherren ihre Kriegszüge abbrechen, weil in der Heimat Aufstände ausgebrochen waren.

Auch während Kleopatras Herrschaft gab es immer wieder Missernten und Revolten. © Louis le Grand/ gemeinfrei

So rückte Ptolemäus III. während des dritten syrischen Kriegs im Jahr 245 vor Christus zwar bis nach Babylon vor – musste dann aber wegen innerer Unruhen nach Ägypten zurückkehren. „Wäre er nicht nach Ägypten zurückgerufen worden, hätte er der Herrscher über alle Territorien der Seleukiden werden können“, schrieb ein römischer Geschichtsschreiber.

Katalysator für gesellschaftliche Umbrüche?

Auch der Krieg von Antonius und Kleopatra gegen Octavian wurde durch Aufstände in Alexandria behindert. Die ägyptische Bevölkerung revoltierte dabei nicht nur gegen die „Fremdherrschaft“ durch die griechisch-stämmigen Ptolemäer, sondern auch gegen die erdrückende Steuerlast, die in Jahren mit Missernten nicht mehr zu bewältigen war.

„Das durch Vulkanausbrüche geförderte Ausbleiben der Nilfluten könnte ein bisher kaum beachteter Katalysator für diese Revolten gegen die Herrschaft der Ptolemäer gewesen sein“, konstatieren Manning und seine Kollegen. Sie betonen aber auch, dass natürlich die Nilfluten nicht der einzige Faktor waren, die die ägyptische Gesellschaft prägten und beeinflussten.

„Aber unsere Ergebnisse liefern einen Einblick darin, wie die Gesellschaft und der Staat der Ptolemäer auf solche hydrologischen Ausfälle reagierten“, so Manning. (Nature Communications, 2017; doi: 10.1038/s41467-017-00957-y)

(Yale University, 18.10.2017 – NPO)

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