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Medizin

Das Ende des Jojo-Effekts?

Gentherapie könnte vermehrter Ausschüttung von Hungerhormonen entgegenwirken

Dauerhaft abzunehmen schaffen bisher nur wenige. © iStock.com

Gegen den Heißhunger nach der Diät: Der Jojo-Effekt steht einer nachhaltigen Gewichtsreduktion bei krankhaftem Übergewicht häufig im Weg. Mit einer Gentherapie könnte sich das berüchtigte Phänomen jedoch womöglich vermeiden lassen. Das legen Versuche mit Mäusen nahe: Durch die Behandlung produzierten die Tiere vermehrt ein Enzym, welches das nach einer Radikaldiät oft vermehrt ausgeschüttete Hungerhormon Ghrelin inaktiv macht. Als Folge konnten die Nager ihr Gewicht auf Dauer besser halten.

Starkes Übergewicht ist ein weltweites Problem. Jüngst hat die Zahl der Dicken und Fettleibigen neue Rekordwerte erreicht: Einer aktuellen Studie zufolge ist inzwischen bereits ein Drittel aller Menschen von Übergewicht betroffen. Die überflüssigen Pfunde erhöhen das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen drastisch und sogar in Gehirn und Erbgut hinterlässt das Übergewicht seine Spuren.

Klar ist: Um auf Dauer gesund zu bleiben, müssten immer mehr Menschen konsequent abspecken. Doch genau das fällt Übergewichtigen häufig schwer. Obwohl Diäten in der Regel zunächst erfolgreich zur Gewichtsreduktion führen, schaffen es viele Abnehmwillige dann nicht, ihr Gewicht langfristig zu halten. Denn auf fast jede Abspeckkur folgt der berühmt-berüchtigte Jojo-Effekt.

Hungerhormon schlägt Alarm

Der Grund: Durch das ungewohnte Kaloriendefizit verändert sich der körpereigene Stoffwechsel. Als Folge produziert der Organismus nicht nur weniger stoffwechselanregende Hormone. Er schüttet auch vermehrt sogenannte Hungerhormone wie Ghrelin aus. Dieser Botenstoff regt den Appetit an und signalisiert damit: Energie in Form von Nahrung muss her.

Die hormonellen Anpassungsreaktionen machen Abnehmwilligen das Leben schwer. Doch kann man ihnen womöglich entgegensteuern? Diese Frage haben sich nun Stephen Brimijoin von der Mayo Clinic in Rochester und seine Kollegen gestellt. Für ihre Studie fütterten die Wissenschaftler Mäuse zunächst mit fettreicher Kost auf ein adipöses Gewicht an, um sie anschließend einer strengen Diät zu unterziehen.

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Eingeschleuste Gene

Während der dreiwöchigen Schlankheitskur bekamen die Nager 40 Prozent weniger Kalorien als zuvor und wurden dadurch deutlich schlanker. Anschließend wurden die tierischen Probanden normal ernährt. Das Besondere: Um die Gefahr des Jojo-Effekts zu minimieren, injizierten die Forscher den Mäusen Viren, die Gene für das Enzym Butyrylcholinesterase in die Zellen der Tiere einschleusen sollten.

Das Peptid spielt eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle von Appetitsignalwegen, weil es das Hormon Ghrelin spalten und in seine inaktive Form überführen kann. „Klinische Studien zeigen, dass gesundheitliche Probleme wie Übergewicht, ein gestörter Fettstoffwechsel oder Diabetes Typ 2 oft mit einer veränderten Konzentration von Butyrylcholinesterase im Blut einhergehen“, schreiben die Forscher. Ziel der Gentherapie war es nun, die Expression des Butyrylcholinesterase-Gens anzukurbeln, sodass im Körper mehr von dem Enzym als gewöhnlich synthetisiert wird.

Jojo-Effekt bleibt aus

Wie würde sich die Behandlung auswirken? Es zeigte sich: Nach der Radikaldiät hatten die mit den Genen therapierten Mäuse dauerhaft deutlich mehr Butyrylcholinesterase in ihrem Blut – und weniger appetitanregendes Ghrelin in seiner aktiven Form. Das hatte auch Folgen für den Abnehmerfolg: Die Nager nahmen nach dem Ende der Diät weniger Kalorien zu sich und häuften weniger Pfunde an als mit einem wirkungslosen Gen behandelte Kontrolltiere.

Für die Forscher ist dies ein Hinweis darauf, dass die dem Jojo-Effekt zugrunde liegenden Mechanismen aktiv beeinflusst werden können – und dass das Enzym Butyrylcholinesterase womöglich ein vielversprechender Ansatzpunkt dafür ist. „Die Methode könnte in Zukunft das Potenzial haben, Fettleibigkeit zu behandeln und langfristig ein gesundes Körpergewicht zu fördern“, schreiben sie. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2017; doi: 10.1073/pnas.1706517114)

(PNAS, 26.09.2017 – DAL)

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