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Umwelt

Europa: „Dieselgate“ fordert 5.000 Tote jährlich

Forscher beziffern zusätzliche Todesfälle durch Überschreitung der Grenzwerte

In Europa gehen 5.000 Todesfälle jährlich auf die Überschreitung der Abgas-Grenzwerte durch Dieselfahrzuge zurück. © Pawel Czaja/ iStock.com

Tödliche Abgase: Jedes Jahr sterben in Europa 10.000 Menschen durch die verkehrsbedingte Luftverschmutzung. Allein 5.000 davon gehen auf das Konto der Grenzwert-Überschreitungen bei den Dieselabgasen, wie Forscher ermittelt haben. Besonders viele Todesopfer fordern die Dieselabgase in Deutschland, Italien und Frankreich. Diese Todesfälle wären vermeidbar, wenn die Autohersteller sich an die Vorgaben gehalten hätten, statt zu schummeln.

Heute fahren mehr als 100 Millionen Dieselautos auf Europas Straßen – das ist mehr als im gesamten Rest der Welt zusammen. Doch diese Fahrzeuge stoßen ein Mehrfaches an Stickoxiden und Feinstaub aus als sie dürfen, wie man inzwischen weiß. Eine Schummelsoftware und eine Abschaltautomatik bei Kälte sorgen dafür, dass die Abgasreinigung auf der Straße gedrosselt oder ganz abgeschaltet wird. Als Folge überschreiten die Stickoxidwerte in vielen deutschen Städten immer wieder die EU-Grenzwerte.

5.000 Todesfälle durch überhöhte Abgaswerte

Welche Folgen der Dieselskandal und die Schummelei der Autokonzerne für die Gesundheit der europäischen Bevölkerung haben, haben nun Jan Eiof Jonson vom Norwegischen Meteorologie-Institut und seine Kollegen untersucht. Sie analysierten die Stickoxid-Konzentrationen in verschiedenen europäischen Ländern und ermittelten mit Hilfe von Modellen, wie viele vorzeitige Todesfälle durch Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf das Konto der jeweiligen Luftverschmutzung gehen.

Das Ergebnis: Insgesamt sterben in der EU, Norwegen und der Schweiz 425.000 Menschen pro Jahr als Folge der Luftverschmutzung. Davon gehen nach Schätzungen der Forscher rund 10.000 jährliche Todesfälle auf die Stickoxid-Emissionen von Dieselfahrzeugen zurück. Rund 5.000 dieser Todesfälle aber wären vermeidbar – wenn alle Dieselfahrzeuge die offiziellen Abgaswerte auch auf der Straße einhalten würden.

Jährliche Todesfälle durch Dieselabgase und die Überschreitung der Grenzwerte in verschiedenen Ländern. © Jonson et al 2017

Deutschland: Fast tausend vermeidbare Todesfälle pro Jahr

Am meisten Todesopfer fordert der Dieselskandal dabei in Deutschland, Italien und Frankreich. Denn diese Länder haben den höchsten Anteil von Dieselfahrzeugen und die meiste Bevölkerung, wie die Forscher berichten. Demnach starben allein in Deutschland im Jahr 2013 rund 2070 Menschen vorzeitig durch Luftverschmutzung aus Dieselauspuffen. Wären die Abgaswerte jedoch eingehalten worden, wären hierzulande 960 Menschen weniger gestorben, so Jonson und seine Kollegen.

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Trotz dieser tödlichen und sehr konkreten Folgen des Dieselskandals haben sich Regierung und Autohersteller bisher jedoch auf wenig mehr als eine Nachbesserung der Software bei den Dieselfahrzeugen einigen können. Dieses Software-Update, das bestätigen inzwischen Studien, wird die Stickoxid-Belastung aber um maximal sieben Prozent verringern.

„Wenn die Dieselemissionen so niedrig wären wie die von Benzinern, dann hätten drei Viertel der vorzeitigen Todesfälle vermieden werden können“, sagt Koautor Jens Borken-Kleefeld vom International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) in Österreich.

Die wenigsten Opfer der Luftverschmutzung durch Dieselabgase gibt es übrigens in Norwegen, Finnland und Zypern: Dort liegt das Risiko mehr als 14-Fach unter dem WU-Durchschnitt. Kein Wunder: Norwegen und Finnland zählen zu den dünnbesiedeltsten Regionen Europas. (Environmental Research Letters, 2017)

(International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), 18.09.2017 – NPO)

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