Anzeige
Astronomie

Rätsel historischer Nova gelöst

Astronomen identifizieren den Urheber einer Sternexplosion im Jahr 1437

Bei einer Nova saugt ein Weißer Zwerg seinem Begleiter Wasserstoff ab. Sammelt er zuviel Gas, wird er jedoch instabil und stößt Teile der Gashülle in einer Expoosion ab. © NASA/CXC/ M.Weiss

Kosmische Archäologie: Im Jahr 1437 beobachteten koreanische Hofastrologen plötzlich eine helle Sternenexplosion am Himmel. Jetzt haben Astronomen herausgefunden, welches Sternsystem für diese Nova verantwortlich war. Auf historischen Fotoplatten entdeckten die Forscher zudem, dass dieser Weiße Zwerg in den 1930er und 1940er Jahren mehrere kleinere Eruptionen durchlebte. Erstmals wurden damit eine Nova, ein Nova-Überrest und Zwergnovae beim selben Stern nachgewiesen, so die Forscher im Fachmagazin „Nature“.

Am 11. März 1437 bemerkten Astrologen am Hof des koreanischen Königreichs Joseon eine neue Himmelserscheinung: Im Schwanz des Sternbilds Skorpion leuchtete ein Stern plötzlich hundertausendmal heller als zuvor und überstrahlte seine gesamte Umgebung. 14 Tage lang hielt dieser Schein an, dann verblasste der Stern wieder. Die Gelehrten schrieben ihre Beobachtungen nieder – und dokumentierten damit eine der am besten beschriebenen historischen Sternenexplosionen.

Aus den historischen Aufzeichnungen schließen Astronomen heute, dass es sich bei dem Ereignis vor um eine Nova gehandelt haben muss: Ein Weißer Zwerg hatte so lange Wasserstoff von seinem Partnerstern abgesaugt, bis er instabil wurde. In der resultierenden Explosion schleuderte er einen großen Teil seiner Gashülle ins All hinaus – und leuchtete dabei hell auf. Welcher Stern jedoch vor knapp 600 Jahren diese Nova verursachte, blieb bislang unbekannt.

Explosions-Relikt im Skorpion

Dieses Rätsel haben nun Michael Shara von American Museum of Natural History in New York und seine Kollegen gelöst. Sie durchforsteten dafür die Aufnahmen des Anglo-Australian Telescope in New South Wales, weil dieses die Himmelsregion rund um das Sternbild Skorpion besonders detailliert durchmustert hatte.

Diese Gaswolke ist der Überrest der Nova Scorpii aus dem Jahr 1437 © K. Ilkiewicz und J. Mikolajewska

Tatsächlich wurden die Astronomen fündig: Sie stießen auf eine Aufnahme aus dem Jahr 1985, in der eine hüllenförmige Gaswolke zu erkennen war. Im Zentrum dieses Explosions-Relikts war jedoch kein passender Stern zu sehen. Aber etwa 15 Bogensekunden vom Zentrum entfernt lag ein Stern, der wechselnde Mengen von UV- und Röntgenstrahlung auszusenden schien. Könnte es sich dabei um den Weißen Zwerg handeln, der die „Nova Scorpii 1437“ getaufte Explosion verursacht hatte?

Anzeige

Frühere Position rekonstruiert

Ein glücklicher Zufall half den Forschern, dies zu klären. Denn um zu rekonstruieren, ob dieser Stern samt Gashülle im Jahr 1437 an der richtigen, mit den Aufzeichnungen übereinstimmenden Stelle stand, brauchten sie mehr Daten über die Bewegung dieses Objekts. Den entscheidenden Hinweis lieferte ihnen eine fast 100 Jahre alte Fotoplatte des Observatoriums von Harvard. Auf der Aufnahme von 1923 war die damalige Position des Sterns zu sehen.

„Dank dieser Aufnahme konnten wir ermitteln, wie sich der Stern seither bewegt hat und dies 600 Jahre zurückrechnen“, erklärt Shara. „Und da war er: Er saß damals mitten im Zentrum unserer Explosionshülle. Das hat uns überzeugt, dass er der Verantwortliche gewesen sein muss.“ Der Stern lag demnach im Jahr 1437 um 1,43 Bogensekunden nach Osten und 3,1 Bogensekunden nach Norden gegenüber seiner heutigen Position verschoben.

„Dies ist die erste Nova aus chinesischen, koreanischen oder japanischen Aufzeichnungen der letzten 2.500 Jahre die sicher ihrem Ursprung zugeordnet werden konnte“, sagt Shara.

Diese Aufnahmen aus dem Jahr 1942 zeigen einen Zwergnova-Ausbruch des Sternsytems. © Harvard DASCH

Erst Nova, dann Zwergnovae?

Noch Spannender aber: Weitere historische Fotoplatten aus den Jahren 1934, 1935 und 1942 enthüllten, dass dieser Stern damals drei sogenannte Zwergnovae durchlebte. Dabei erhöhte sich die Helligkeit des Sterns um zwei bis vier Magnituden. Im Gegensatz zur Nova explodiere dabei jedoch nicht die Gase an der Oberfläche des Sterns. Stattdessen kommt es in der weiter außen liegenden Akkretionsscheibe aus Gas zu Helligkeitsausbrüchen.

Schon länger vermuten Astronomen, dass diese schwächeren Eruptionen immer dann auftreten, wenn ein Weißer Zwerg nur sehr langsam Gas von seinem Begleiter abzieht. Sie wurden bereits bei einigen sogenannten kataklysmischen Veränderlichen beobachtet. Unklar blieb jedoch, ob diese Zwergnovae auch als Nachwehen einer Nova vorkommen können – bis jetzt. Denn die historischen Aufnahmen dokumentieren nun erstmals Zwergnovas bei einem zuvor als Nova explodierten Stern.

Zyklische Metamorphose

„Ähnlich wie ein Ei, eine Raupe, eine Puppe und ein Schmetterling nur verschiedenen Stadien des gleichen Insekts sind, haben wir nun starke Indizien dafür, dass diese Doppelsterne ebenfalls verschiedene Stadien durchlaufen“, sagt Shara. Nach einer Nova folgt demnach zunächst eine Phase als novaähnlicher Veränderlicher. Einige Jahrhunderte später verlangsamt sich der Gastransfer vom Begleiter und es finden nur noch Zwergnovae statt. Noch später tritt das System in eine Ruhephase ein, nur um dann einige 100.000 Jahre später den Zyklus erneut zu beginnen.

„Bisher hatten wir nie genug Daten, um einen kompletten Zyklus zu verfolgen“, sagt Shara. „Aber als wir die knapp 600 Jahre alte Nova-Beobachtung der Koreaner mit den Zwergnova-Aufnahmen und dem noch heute sichtbaren Nova-Überrest verknüpfen konnten, war das der Durchbruch.“ (Nature, 2017; doi: 10.1038/nature23644)

(American Museum of Natural History, 01.09.2017 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Gezüchtete Diamanten

Erste Diamanten unter Normaldruck erzeugt

Neuer Stammbaum für die Blütenpflanzen

Könnte dieses Riesenvirus zum Heilmittel werden?

Wie lebten die Awaren?

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Braune Zwerge - Kosmische Winzlinge sprengen unser astronomisches Weltbild

Bücher zum Thema

Universum für Neugierige - von Harald Lesch

Geheimnisvoller Kosmos - Astrophysik und Kosmologie im 21. Jahrhundert von Thomas Bührke und Roland Wengenmayr

Sterne - Wie das Licht in die Welt kommt von Harald Lesch und Jörn Müller

Top-Clicks der Woche