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Umwelt

Diesel: Software-Updates reichen nicht

Studie bestätigt Stickoxid-Minderung der Stadtluft um maximal sieben Prozent

Eine Studie bestätigt, dass ein Software-Update bei Diesenautos die Luftbelastung der Städte nur um maximal sieben Prozent verringern wird. © olando o/ iStock.com

Jetzt ist es amtlich: Die beim Diesel-Gipfel beschlossenen Software-Updates reichen nicht aus. Eine Studie des Umweltbundesamtes belegt, dass die Belastung mit Stickstoffdioxid dadurch selbst im günstigsten Fall nur um rund sieben Prozent sinken wird. Für mindestens 70 Städte in Deutschland bedeutet dies, dass die Belastung weiterhin über dem Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft bleiben wird.

Beim Dieselgipfel am 2. August zwischen deutschen Autoherstellern und der Politik ging es darum, Lösungen für die hohe Luftbelastung durch Autoabgase in deutschen Städten zu finden. Hauptverursacher sind in den meisten Ballungsräumen die Dieselautos. Durch zu kleine Tanks für die Abgasreinigung, eine Abschaltautomatik bei Kälte und Schummeleien bei der Software stoßen die Diesel-PKW deutlich mehr Stickoxide aus, als sie dürften.

Als Lösung einigten sich Politik und Autohersteller beim Dieselgipfel auf ein Update der Steuersoftware für rund fünf Millionen Dieselautos in Deutschland. Bereits damals prognostizierten jedoch Umweltorganisationen und selbst der ADAC, dass dies nicht ausreichen wird, um den Stickoxid-Ausstoß genügend zu senken.

Test in zwei Szenarien

Jetzt hat dies eine Studie des Umweltbundesamts bestätigt. Die Forscher hatten dafür zwei Szenarien untersucht: ein optimales, das von einem Update bei 3,5 Millionen Euro-5 und 1,5 Millionen Euro-6 Dieselautos und einer NO2-Minderung von 25 Prozent am Fahrzeug ausgeht. Das zweite Szenario ging von einem Update bei insgesamt nur 3,5 Millionen Dieselautos aus und einer NO2-Minderung von 15 Prozent.

Wie viel sich dies auf die Luftbelastung in der Stadt auswirkt, prüften die Forscher in einer Simulation am Beispiel zweier Messstellen: Eine liegt in der bisher hochbelasteten Landshuter Allee in München, die zweite in mittelgradig mit Stickoxiden belasteten Mainzer Parcusstraße.

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Selbst im günstigsten Fall nur sieben Prozent

Das Ergebnis: Selbst im günstigsten Szenario bringt das Software-Update nur eine Minderung der Stickoxid-Belastung von maximal sieben Prozent, wie die Studie ergab. „Die Wirkung wird jedoch deutlich verringert, wenn Autobesitzer die Updates verweigern oder wenn die Updates nur 15 Prozent Minderung bringen, wie es in Szenario 2 der Fall wäre“, so die Forscher. Dann würde sich die Stickoxid-Belastung der Stadtluft nur um drei Prozent verringern.

Der Grund: „Dass die Luft in den Städten trotz Software-Update kaum spürbar besser wird, liegt ganz einfach am viel zu schlechten Ausgangsniveau der Fahrzeuge“, erläutert UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. „Euro 5-Diesel ohne Update stoßen heute im Schnitt 906 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer aus. Das ist fünfmal mehr als der Grenzwert von 180 Milligramm. Auch aktuelle Euro 6-Diesel ohne RDE stoßen sechsmal mehr Stickstoffoxide aus dem Auspuff aus als zulässig.“

Luftmessstation in Hamburg © Morgenstund/CC-by-sa 4.0

Weiter dicke Luft in 70 Städten

Das aber bedeutet: „Für fast 70 deutsche Städte reichen die Maßnahmen voraussichtlich nicht aus, um die Atemluft unter den Grenzwert von maximal 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid im Jahresmittel zu senken“, sagt Krautzberger. „Nur in rund 20 Städten, die derzeit knapp über dem Grenzwert liegen, werden die Beschlüsse des Diesel-Gipfels dazu führen, die seit 2010 geltenden EU-Grenzwerte endlich einzuhalten.“

Wie die Studie ergab, bringt das Update an stark belasteten Standorten wie der Landshuter Allee in München eine Minderung der Stickoxid-Belastung um maximal fünf Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. An geringer belasteten Standorten verringert sich die Belastung nur um zwei Mikrogramm. „Damit wäre kein wesentlicher Schritt zur Einhaltung des Grenzwertes erreicht“, konstatieren die Forscher. Denn an mehr als 25 Städten liegt die Belastung mehr als zehn Mikrogramm über dem Grenzwert, in Stuttgart und München ist sie sogar doppelt so hoch.

Umtauschprämie bringt nur wenig

Auch die Umtauschprämien, die die Autohersteller den Besitzern älterer Dieselauto beim Kauf eines Diesels nach der neuen Euro-6-Norm anbieten, ändert dran kaum etwas, wie die Studie ergab. Selbst wenn unrealistische 75 Prozent der alten Diesel-PKW gegen neue Modelle eingetaucht würden, brächte dies nur eine Minderung um drei Prozent.

„Bei einem Wechsel von realistischeren 25 Prozent der alten Diesel-PKW, kann von einer Emissionsminderung von weniger als einem Prozent der Emissionen des Verkehrs ausgegangen werden“, so die Forscher. Einer der Gründe dafür: Selbst die neuesten Euro-6-Diesel überschreiten in Straßentests die Abgas-Grenzwerte deutlich. Mehr bringen würde es nur, wenn der Diesel gegen ein Hybrid- oder Elektrofahrzeug oder einen besonders abgasarmen Kleinwagen getauscht werden würde.

Forderung nach Hardware-Nachrüstung wird lauter

Damit ist klar, dass die Software-Updates allein und auch in Kombination mit den Umtauschprämien nicht ausreichen, um das Abgasproblem zu lösen. Umweltverbände und auch Teile der Politik fordern deshalb auch Nachrüstungen bei der Hardware der Dieselfahrzeuge. „Der Dieselgipfel war ein erster Schritt, dem dringend weitere und größere Schritte folgen müssen“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. „Die Weigerung der Autoindustrie, sich mit technischen Nachrüstungen zu befassen, ist für mich nicht akzeptabel.“

Die Vorbereitungen für einen zweiten Dieselgipfel noch in diesem Herbst laufen bereits. Ziel dabei ist es, Diesel-Fahrverbote in den Städten zu vermeiden. „Ich kann den Automobilherstellern nur raten, hier schnell Lösungen zu entwickeln“, so Hendricks. „Eines muss dabei klar sein: Wie bei den Software-Updates sind auch bei den Hardware-Nachrüstungen die Hersteller verantwortlich. Und auch die Kosten hierfür müssen natürlich vollständig von den Fahrzeugherstellern getragen werden.“

Die Studie zum Download (PDF)

(Umweltbundesamt/ Bundesumweltministerium, 24.08.2017 – NPO)

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