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Sonnensystem

Sonnenfinsternis: So könnte die Korona aussehen

Forscher prognostizieren Verhalten der Korona – und sogar eine Sonneneruption

So könnte die solare Korona heute Abend während der Sonnenfinsternis aussehen © Predictive Science Inc.

Test für Vorhersage-Modelle: US-Forscher haben schon einmal prognostiziert, wie die Korona bei der heutigen Sonnenfinsternis aussehen könnte – und sogar eine Sonneneruption für den heutigen Tag vorhergesagt. Ob ihr Modell richtigliegt, werden sie heute Abend beobachten können. Denn die Sonnenfinsternis bietet ihnen eine perfekte Chance, die Vorhersage-Modelle zur Sonnenaktivität und dem Verhalten der solaren Atmosphäre zu testen.

Heute Abend gegen 20:00 Uhr unserer Zeit wird sich über den USA eine totale Sonnenfinsternis ereignen. Der Pfad der Totalität wandert dabei einmal quer über den Kontinent. Die Phase der Verfinsterung ist nicht nur ein faszinierender Anblick, er bietet Forschern auch eine einmalige Chance, die innere Korona der Sonne genauer zu studieren – einen normalerweise vom Sonnenlicht überstrahlten Bereich.

Warum ist die Korona so wichtig?

Die Korona der Sonne ist deshalb so spannend, weil in dieser Millionen Kilometer ins Weltall reichenden Hülle aus heißen Gasen und Plasma entscheidende Prozesse der Sonnenphysik ablaufen. Hier liegt der Ursprung des Sonnenwinds und damit auch der Sonnenstürme – gewaltige Ausbrüche von Plasma und Strahlung, die auch in Richtung Erde geschleudert werden können.

Schon vor mehr als hundert Jahren bemerkten Astronomen bei Sonnenfinsternissen, dass die Form der Korona offenbar von den Magnetfeldlinien des solaren Magnetfelds bestimmt und beeinflusst wird. Sie zu beobachten, liefert daher auch Hinweise auf die Ausrichtung und Reichweite dieses sich dynamisch verändernden Feldes. „Erstaunlicherweise gibt es bis heute keine Technologie, die das Magnetfeld der Korona so detailreich modellieren kann, dass dies mit direkten Beobachtungen während einer Sonnenfinsternis vergleichbar wäre“, berichtet die NASA.

Und nicht zuletzt erhoffen sich Forscher von der Beobachtung der Korona Aufschluss darüber, warum diese Millionen Grad heiße Plasmahülle so viel heißer ist als die nur rund 6.000 Grad heiße Sonnenoberfläche. Bisher gibt es dazu zwar mehrere Theorien, aber keine eindeutige Erklärung.

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Modell der solaren Magnetfeldlinien während der Sonnenfinsternis © Predictive Science Inc.

Prognose mit Supercomputern

Ein Forscherteam von Predictive Science Inc. (PSI) in San Diego wird heute Abend die Chance ergreifen, die Präzision und Treffgenauigkeit ihrer Prognose-Modelle mit der Realität anzugleichen. Sie haben auf Basis von Daten des Sonnenobservatoriums SDO der NASA und mathematisch-physikalischen Modellen der Sonnenaktivität eine Prognose erstellt, wie die Sonnenkorona heute Abend bei der Sonnenfinsternis aussehen könnte.

Wegen der enormen Komplexität der solaren Prozesse und der vielen beteiligten Faktoren benötigten die Forscher dafür die Rechenleistung gleich mehrere Supercomputer. „Um detaillierte physikalische Modelle der solaren Korona und des Sonnenwinds zu erstellen, sind solche fortgeschrittenen Computerressourcen entscheidend“, erklärt Jon Linker von PSI. Nur sie können das Geschehen in ausreichend hoher Auflösung rekonstruieren.

Sonneneruption während der Eklipse?

Das Ergebnis: Obwohl sich die Sonne zurzeit einem Minimum in ihrer Aktivität nähert, könnte die Korona heute Abend durchaus weite Ausläufer entwickeln. Der 3D-Simulation nach könnte es dabei zunächst zwei einander fast gegenüberstehende Ausläufer geben, die im Laufe der Sonnenfinsternis in mehrere kleinere Strahlenspitzen zerfallen.

Animation: Veränderung der Sonennkorona während der Sonnenfinsternis vom 21. August 2017 © Predictive Science Inc.

Besonders spannend: Eine der Simulationen deutete darauf hin, dass es im Laufe des heutigen Tages sogar einen koronaren Massenauswurf geben könnte – eine große Plasmaeruption. Sie müsste sich vom östlichen Rand der Sonne lösen und könnte mit viel Glück sogar noch während er Sonnenfinsternis sichtbar sein.

Zum Schutz von Technik und Astronauten

Wichtig sind solche möglichst genauen Prognosen der Sonnenaktivität deshalb, weil starke Sonneneruptionen auch für die Erde eine Gefahr darstellen könne. Treffen die energiereichen Plasmawolken auf die Erdatmosphäre, löst dies nicht nur Polarlichter aus, es kann im Extremfall auch die Elektronik von Satelliten schädigen und sogar ganze Stromnetze lahmlegen.

„Die Fähigkeit, das Verhalten des solaren Plasmas zu modellieren und vorherzusagen hilft dabei, die Schlüsselteile der Infrastruktur zu schützen, die für die heutige digitale Welt unerlässlich sind“, erklärt Niall Gaffney vom Texas Advanced Computing Center. Aber auch für Astronauten, die sich außerhalb des schützenden Van-Allen-Gürtels und des Erdmagnetfelds befinden, wären die Strahlung und das Teilchenbombardement eines Sonnensturms eine potenzielle Gefahr.

(University of Texas at Austin, Texas Advanced Computing Center, 21.08.2017 – NPO)

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