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Technik

Quantensignal trotzt Sonnenschein

Satelliten-Übertragung von verschränkten Photonen jetzt auch bei Tageslicht

Bisher ging die Übertragung von Quanteninformationen aus dem Orbit nur bei Nacht. Künftig könnte dies auch tagsüber möglich sein - trotz Störeffekt der Sonne. © 3D Sculptor/ iStock.com

Störeffekt ausgeschaltet: Chinesischen Forschern ist ein weiterer Schritt zu einem satellitengestützten Quantennetzwerk gelungen. Sie haben ein System entwickelt, mit dem Quanteninformationen selbst bei hellem Sonnenschein übertragen und gelesen werden können – bisher war dies wegen zu starker Störeffekte unmöglich. Möglich wurde dies durch einen Wechsel der Laserwellenlänge, kombiniert mit optimierten Sende- und Empfangsanlagen.

Als vor gut einem Monat erstmals ein Satellit ein Quantensignal zur Erde sandte, war dies eine Sensation – und ein erster Schritt hin zu einer orbitalen Quantenkommunikation. Denn die Übertragung bewies, dass es möglich ist, verschränkte Photonen aus dem Orbit zur Erde zu senden. Weil jede Zustandsänderung eines verschränkten Photons auch den Zustandswechsel beim Partner bewirkt, lässt sich so Information instantan und über große Entfernungen hinweg übertragen.

Störeffekt durch gestreutes Sonnenlicht

Doch es gibt einen Haken: „Bisher konnten Experimente zur Übertragung von Quanteninformationen durch den freien Raum nur nachts durchgeführt werden“, erklären Jian-Wei Pan von der Universität für Wissenschaft und Technologie in Schanghai und seine Kollegen. „Der Hauptgrund dafür ist das starke Hintergrundrauschen durch gestreutes Sonnenlicht. Dieses ist tagsüber typischerweise um fünf Größenordnungen stärker als bei Nacht.“

Für ein orbitales Quantennetzwerk ist dies nicht gerade optimal. Denn wie die Forscher erklären, liegt ein Satellitensystem im niedrigen Erdorbit mit bis zu 70 Prozent Wahrscheinlichkeit in der Sonne, ein geostationäres System sogar bis zu 99 Prozent. Schafft man es nicht, den Tageslicht-Störeffekt zu überwinden, wäre es daher kaum effektiv nutzbar.

Wechsel zu längerwelligen Signalen

Um Abhilfe zu schaffen, haben die Forscher nun ein System entwickelt, das weniger anfällig für Signalverluste durch das Hintergrundrauschen ist. Zum einen erreichten sie dies durch verbesserte Photonengeneratoren und -empfänger, sowie spezielle Filter und ein bewusst verkleinertes Sichtfeld der Empfänger.

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Noch wichtiger aber war ein Wechsel der Übertragungs-Wellenlänge: Statt wie bisher 800 Nanometer nutzten sie langwelligere Infrarot-Lasersignale von 1.550 Nanometern Wellenlänge. „Diese Wellenlänge ist dafür bekannt, dass sie in einem der atmosphärischen Fenster liegt“, erklären Pan und seine Kollegen. Die Atmosphäre ist damit für diese Strahlungsart durchlässiger.

Beim Test überwand das Signal eine 53 Kilometer lange Strecke quer über den Qinghai-See - bei hellem Sonnenschein. © NASA/ scinexx

Hinzu kommt, dass die Streuung des Laserlichts an den Gasteilchen der Luft, die sogenannte Rayleigh-Streuung, bei dieser Wellenlänge viel schwächer ist – auch dies reduziert das Hintergrundrauschen. Und noch einen Vorteil hat der Wechsel der Wellenlänge: „1550 Nanometer ist die Wellenlänge der Telekommunikation, sie wird weit verbreitet für die Signalübertragung in Glasfasernetzen eingesetzt“, so die Forscher.

Praxistest bestanden

Wie gut damit die Quantenübertragung bei Tageslicht funktioniert, testeten die Wissenschaftler am Qinghai-See im Nordosten Chinas. Dort schickten sie einen über die Polarisation der Laserphotonen kodierten Quantenschlüssel von einer Sendestation am Seeufer zu einer 53 Kilometer entfernten Empfangsstation am anderen Ufer.

Und tatsächlich: Trotz strahlenden Sonnenscheins gelang es den Wissenschaftlern, den Quantenschlüssel erfolgreich zu übermitteln. „Unser Experiment belegt die Machbarkeit eines satellitengestützten Quantennetzwerks, das auch bei Tageslicht arbeiten kann“, konstatieren Pan und seine Kollegen.

„Damit bieten wir eine Lösung für das Problem der Quantenkommunikation bei hellem Tageslicht“, sagen die Forscher. „Weil unsere Wellenlänge im Telekommunikationsbereich liegt, ist unser System zudem von Natur aus mit den gängigen Glasfasernetzwerken kompatibel. Das repräsentiert einen essenziellen Schritt hin zu einem satelliten-gestützten globalen Quantennetzwerk.“ (Nature Photonics, 2017; doi: 10.1038/nphoton.2017.116)

(Nature, 25.07.2017 – NPO)

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