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Chemie

Nanomaschine in Aktion beobachtet

Mikrowellen enthüllen detaillierte Struktur eines molekularen Motors

Das untersuchte Motormolekül besteht aus mehreren gegeneinander beweglichen Kohlenwasserstoffringen © Sérgio Domingos/ DESY

Molekülmaschinen live: Forscher haben eine neue Methode entwickelt, um Nanomotoren in Aktion zu beobachten. Dabei bringen sie die Moleküle in einem Mikrowellenfeld zum Schweben und können so ihre Struktur und ihr Verhalten ungestört untersuchen. Der große Vorteil: Die Moleküle sind nicht kristallisiert und damit „eingefroren“ wie bei der Röntgenbeugung der Fall. Dadurch lässt sich auch die Rotation der Nanomotoren einfangen.

Maschinen im Nanomaßstab liegen im Trend. Forscher haben unter anderem einen Elektromotor aus nur einem Molekül, ein lichtgetriebenes Nano-U-Boot und Nanoroboter aus DNA konstruiert. Sogar ein Wettrennen der Nanoautos fand im Frühjahr 2017 statt.

Live-Blick statt eingefrorener Schnappschuss

„Die Funktion solcher Nano-Maschinen ergibt sich ganz offensichtlich aus ihren einzigartigen strukturellen Eigenschaften“, erklären Sérgio Domingos vom Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg und seine Kollegen. „Um die molekulare Maschinerie besser zu verstehen und zu optimieren, ist es wichtig, ihre genaue Struktur zu kennen und zu verstehen, wie sich diese Struktur während wichtiger mechanischer Schritte verändert.“

Doch das festzustellen, ist nicht einfach – jedenfalls nicht, ohne das System dabei durch äußere Einflüsse zu stören. Bisher ermittelten Chemiker die Struktur ihrer Molekülmaschinen meist, indem sie sie kristallisieren und dann mittels Röntgenbeugung untersuchen. Dabei jedoch bekommen sie nur „eingefrorene“ Schnappschüsse bestimmter Konfigurationen.

Fliegende Moleküle im Mikrowellenfeld

Wie eine Nanomaschine im natürlichen Zustand aussieht, haben nun Domingos und seine Kollegen erstmals an einem Molekül aus 27 Kohlenstoff- und 20 Wasserstoffatomen beobachtet. Diese bilden eine Achse und einen Rotor und lassen sich durch Licht in Drehung versetzen. Im Experiment heizten die Forscher diese Moleküle erst auf 180 Grad auf und kühlten sie dann schnell an, während sie einem kohärenten Mikrowellenfeld ausgesetzt wurden.

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Der molekulare Motor in Aktion: Seine Bewegung wird durch Licht angeregt. © Universität Groningen

„Wir haben ein elektromagnetisches Feld benutzt, um alle Moleküle kohärent in dieselbe Richtung auszurichten, und haben dann ihre Relaxation beobachtet, sobald das Feld abgeschaltet wurde“, berichtet Teamleiterin Melanie Schnell vom DESY. „Auf diese Weise können wir das Molekül so sehen wie es wirklich ist, frei von allen äußeren Einflüssen wie Lösungsmitteln oder chemischen Bindungen.“

Rotation und Aufbau sichtbar gemacht

Die Struktur der Moleküle und ihr Verhalten ermittelten die Forscher dabei mithilfe der Spektroskopie. „Gemessen an der Zahl der Atome ist der molekulare Motor gegenwärtig das größte Molekül, dessen Struktur bislang mit Hilfe der Mikrowellenspektroskopie gelöst worden ist“, so Schnell. „Das liefert uns die Rotationskonstanten des Moleküls, die uns wiederum genaue Informationen über seinen strukturellen Aufbau liefern.“

Konkret haben die Wissenschaftler durch diese „Live-Beobachtung“ bereits einige kleine Abweichungen von der Strukturbestimmung mittels Röntgenstrahlung festgestellt. „Das zeigt, dass die Struktur des Motors unzweifelhaft von seiner Umgebung beeinflusst wird“, sagt Domingos. Zudem konnten sie den Rotor und die feste Achse so erstmals einzeln untersuchen und ihre jeweilige Struktur bestätigen. “ Das liefert uns auch Hinweise auf den Mechanismus, über den sie auseinanderbrechen“, so Domingos.

Einblick in die Dynamik

Noch wichtiger aber ist, dass sich mit der Mikrowellenspektroskopie auch die Dynamik der Motormoleküle untersuchen lässt. Dadurch können Chemiker direkt beobachten, wie sich die Nanomaschine dreht und wie sich ihr Verhalten durch äußere Einflüsse ändert. Das wiederum gibt Aufschluss darüber, wie der molekulare Motor funktioniert. Diese dynamischen Beobachtungen wollen die Forscher nun als nächstes vertiefen. (Angewandte Chemie, 2017; doi: 10.1002/anie.201706617)

(Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY, 13.07.2017 – NPO)

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