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Atlantik: Wirbel als Treibhausgas-Schleudern

Extrem sauerstoffarme Wirbel im Atlantik produzieren überraschend viel Lachgas

Von der Westküste Afrikas lösen sich große Wirbel, die nicht nur extrem wenig Sauerstoff enthalten, sondern auch vermehrt Lachgas ausstoßen. © European Geosciences Union

Wandernde Lachgas-Quellen: Im Atlantik existieren riesige wandernde Wasserwirbel, die extrem wenig Sauerstoff enthalten. Gleichzeitig jedoch produzieren sie überraschend viel Lachgas – und damit ein potentes Treibhausgas. Entdeckt haben dies Meeresforscher, als sie erstmals einem dieser wandernden Wirbel auflauerten und so Proben aus seinem Zentrum entnehmen konnten. Wie sie im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichten, werfen ihre Ergebnisse nun ein neues Licht auf die Stoffkreisläufe im Atlantik.

Ob im Indischen Ozean, im Schwarzen Meer oder in der Ostsee: In vielen Ozeanen gibt es inzwischen sauerstoffarme Zonen. Typischerweise liegen sie am Meeresgrund der küstennahen Bereiche, wie dort warme Temperaturen und Nährstoffreichtum das Wachstum sauerstoffzehrender Bakterien fördern.

Wandernde Todeszonen im Atlantik

Der offene Atlantik jedoch galt lange als kaum von solchen „Todeszonen“ betroffen. Nur an seinem Ostrand existieren mehrere Sauerstoffminimumzonen, unter anderem im Golf von Mexiko. Doch dann entdeckten Meeresforscher, dass die bis zu 100 Kilometer großen Wasserwirbel, die von der afrikanischen Küste aus ab und zu nach Westen wandern, ebenfalls überraschend sauerstoffarm sind.

„Der Grund, warum die extrem sauerstoffarmen Regionen im Atlantik der Forschung bisher entgangen waren, ist einfach: Sie sind im Gegensatz zu den großen, stationären Sauerstoffminimumzonen nur sehr kleinräumig und zusätzlich räumlich sehr variabel“, erklärt Damian Grundle vom Bermuda Institute of Ocean Sciences.

Querschnitt durch einen Ozeanwirbel. Sein Wasser ethält weniger Salz und weniger Sauerstoff als das umgebede Wasser. © J. Karstensen/ GEOMAR

Wirbel als Lachgas-Schleudern

Jetzt haben Grundle und seine Kollegen mehr über diese seltsamen Wirbel herausgefunden – indem sie einem von ihnen gezielt auflauerten. Als sie vor der Küste Mauretaniens einen dieser Wirbel entdeckten, schickten sie ihm von den Kapverden aus autonome Messdrohnen entgegen. Mit dem kapverdischen Forschungsschiff ISLANDIA konnten sie erstmals Wasserproben direkt aus seinem Zentrum nehmen.

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Das überraschende Ergebnis: Das Wasser in diesem Wirbel enthielt nicht nur extrem wenig Sauerstoff – weniger als fünf Mikromol pro Liter. „Im Kern des Wirbels gab es in nur 100 Meter Wassertiefe zudem die höchsten Lachgaswerte, die jemals im offenen Atlantik gemessen worden waren“, berichtet Grundle. Lachgas – chemische Distickstoffmonoxid – ist ein potentes Treibhausgas und trägt außerdem zum Ozonabbau bei.

Die Messungen erhöhter Lachgaswerte in den Wirbeln sprechen dafür, dass die Ozeane mehr Lachgas ausstoßen als bisher angenommen. Denn nicht nur die bekannten, stationären Sauerstoffminimumzonen setzen dieses Treibhausgas frei, sondern offenbar auch die wandernden Wasserwirbel im offenen Atlantik. „Wir müssen unser Verständnis der Stoffkreisläufe im Atlantik jetzt diesbezüglich anpassen“, sagt Grundle. (Scientific Reports, 2017; doi: 0.1038/s41598-017-04745-y

(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 10.07.2017 – NPO)

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