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Medizin

Macht Triclosan Bakterien resistent?

Verbindung zwischen Desinfektionsmittel und einer Antibiotika-Resistenz entdeckt

In antibakteriellen Seifen, aber auch in Zahnpasta oder Kosmetika kann Triclosan enthalten sein. © Alex Raths/ iStock.com

Versteckte Gefahr? Das Desinfektionsmittel Triclosan könnte bei Bakterien Resistenzen gegen Quinolon-Antibiotika fördern. Denn die zugrundeliegende Mutation ist in beiden Fällen die gleiche. Sind Erreger gegen die Antibiotika resistent, schützt sie dies auch vor Triclosan – und umgekehrt. Forscher fürchten deshalb, dass das in vielen Alltagsprodukten enthaltene Triclosan die Bildung von Antibiotika-Resistenzen zusätzlich ankurbeln könnte.

Das antibakteriell wirkende Triclosan wird vor allem in der Medizin eingesetzt, ist aber auch in vielen Alltagsprodukten enthalten, darunter Zahnpasta, Flüssigseifen und Deodorants, aber auch in Kosmetika, Funktionstextilien oder Kunststoff-Schneidebrettern. Doch in jüngster Zeit mehren sich die Hinweise darauf, dass Triclosan gesundheitsschädlich ist. So beeinträchtigen schon geringe Mengen die Muskelfunktion bei Mäusen und verursachen Leberschäden und sogar Krebs. Inzwischen fordern Mediziner sogar schon ein Verbot der Chemikalie in Alltagsprodukten.

Ein weiteres Argument dafür könnten jetzt Mark Webber von der University of Birmingham und seine Kollegen geliefert haben. Denn sie fanden heraus, dass es bei Bakterien eine enge Verknüpfung zwischen einer Resistenz gegen Antibiotika und einer Resistenz gegen Triclosan gibt. Das könnte darauf hindeuten, dass der häufige Kontakt der Keime mit dem Desinfektionsmittel die Bildung von Antibiotikaresistenzen fördert.

Mutation schützt gegen beides

Ausgangspunkt waren Untersuchungen an Bakterien, die resistent gegen Antibiotika aus der Klasse der Quinolone wurden – wichtige Reserve-Wirkstoffe gegen multiresistente Erreger. Wie die Forscher herausfanden, entwickeln die Bakterien Mutationen, durch die ihre DNA in der Zelle anders verpackt wird. Zudem hatten die Erreger verschiedenen Abwehrmechanismen gegen den Wirkstoff aktiviert. Beides zusammen macht sie weniger angreifbar für das Antibiotikum.

Doch das Überraschende geschah, als die Forscher diese mutierten Bakterien mit Triclosan behandelten: Statt abzusterben, erwiesen sich die Keime auch als resistent gegen das Desinfektionsmittel. Offenbar wirken die vor dem Antibiotikum schützenden Mutationen gleichzeitig auch gegen Triclosan – es steckt der gleiche Mechanismus dahinter.

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Die Resistenz gegen Quinolon-Antibiotika (hier die Grundformel) schützt Bakterien auch gegen Triclosan - ud dumgekehrt. © HG: Eraxion/ iStock.com

Neue Resistenzgefahr?

Das Problem dabei: In Falle dieser Bakterien sorgte häufiger Kontakt mit dem Antibiotikum dafür, dass sie die Resistenz entwickelten. Die Wissenschaftler befürchten jedoch, dass die gleiche Mutation auch durch häufigen Kontakt mit Triclosan ausgelöst wird. „Unsere Sorge ist, dass auch die allgegenwärtige Triclosan-Belastung das Wachstum antibiotikaresistenter Erreger fördern könnte“, sagt Webber.

In einem ersten Test gelang dies den Wissenschaftlern tatsächlich: Nachdem sie Darmkeime der Art Escherichia coli längere Zeit in Kontakt mit niedrigen Dosen Triclosan kultiviert hatten, entwickeln einige Zelle Resistenzen gegen das Desinfektionsmittel. Und diese erhöhte Toleranz machte sie ach resistent gegenüber Quinolon-Antibiotika.

Mittel ist längst allgegenwärtig

„Die Verbindung zwischen der Quinolon- und Triclosan-Resistenz ist wichtig, weil Triclosan in den letzten 20 Jahren in unserer Umwelt und sogar unseren Körpergeweben allgegenwärtig geworden ist“, erklärt Webbers Kollegin Laura Piddock. Das Desinfektionsmittel reichert sich im Fettgewebe des Menschen an und lässt sich auch in der Muttermilch nachweisen.

„Angesichts der Prävalenz von Triclosan und anderen antimikrobiellen Wirkstoffen in der Umwelt, müssen wir besser verstehen, welche Auswirkungen sie auf Bakterien haben und wie die Belastung mit diesen Chemikalien die Selektion und Verbreitung medizinisch bedeutender Antibiotika-Resistenzen beeinflusst“, sagt Piddock. Sie und ihre Kollegen wollen nun weiter untersuchen, wie genau beides zusammenhängt und wie groß die Gefahr dieser Kreuz-Resistenz tatsächlich ist. (Journal of Antimicrobial Chemotherapy, 2017)

(University of Birmingham, 03.07.2017 – NPO)

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