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Biologie

Wie Zecken Halt finden

Haftkissen verleiht Blutsaugern auf glatten Flächen Superkräfte

Auf glatten Flächen wie Glas und Haut haften Zecken besonders gut. © iStock.com

Blutsaugende Haftspezialisten: Ein Haftkissen zwischen den Füßen für glatte Oberflächen und spitze Krallen für rauen Untergrund – dank dieser Kombination können sich Zecken an fast allen Materialien festhalten. Besonders gut haften sie an menschlicher Haut, wie Experimente zeigen. Dabei wirken mitunter Kräfte, die mehr als das 500-fache des Körpergewichts der Spinnentiere betragen. Doch manche Materialien lassen selbst die haftstarken Zecken wie Schwächlinge dastehen.

Strahlender Sonnenschein und sommerliche Temperaturen: Warmes Wetter lockt nicht nur uns nach draußen. Auch Zecken sind dann vermehrt aktiv. Die kleinen Plagegeister lauern auf Gräsern, Kräutern und Sträuchern auf ihre menschlichen und tierischen Opfer, deren Blut sie zum Überleben brauchen. Ihr Biss selbst ist nicht weiter schlimm. Gefürchtet sind die Blutsauger jedoch, weil sie Krankheiten wie Hirnhautentzündung oder Borreliose übertragen.

Haftmechanismen auf der Spur

Auf der Suche nach geeigneten Futterstellen legen Zecken beachtliche Wege zurück. Nicht nur hochwachsende Pflanzenteile werden erklettert, auch Haut und Haar gilt es zu bezwingen. Wie aber schaffen es die Spinnentiere, diese Hindernisse zu überwinden und sich sicher auf unterschiedlichen Oberflächen festzuhalten?

Auf der Spur geeigneter Opfer klettern die Blutsauger nicht nur auf hochwachsende Pflanzenteile. © iStock.com

Dagmar Voigt von der Technischen Universität Dresden und Stanislav Gorb von der Christian-Albrechts-Universität in Kiel haben das nun am Beispiel der Art Ixodes ricinus genauer untersucht. Dieser in unseren Breitengraden am häufigsten auftretende Zeckenvertreter ist den meisten besser als Gemeiner Holzbock bekannt. Wie alle Zecken verfügt er über gekrümmte, spitze Krallen und ein dazwischenliegendes Haftkissen.

Superkräfte dank Haftkissen

Die morphologischen Untersuchungen und Haftexperimente der Wissenschaftler zeigten, welche Funktion diese Körperteile erfüllen. Demnach nutzen die Tiere das Haftpad vor allem, um auf ebenem Untergrund wie Haut oder Glas zu haften. Dieses können sie je nach Situation und benötigter Kraft auf- und zufalten, ähnlich wie bei einer Ziehharmonika. Möglich macht das ein elastisches Protein namens Resilin, das das Team auch in den Krallen der Zecken fand. Eine haftvermittelnde Flüssigkeit verleiht dem Pad zusätzlichen Halt.

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Die Kräfte, die bei diesen Haftprozessen wirken, sind gewaltig: Weibliche Zecken können sich an glatten Glasoberflächen demnach mit einer Kraft festhalten, die mehr als das 500-fache des eigenen Körpergewichts beträgt. Dieser Sicherheitsfaktor könnte sich während des Blutsaugens bezahlt machen – denn dabei nimmt das Körpergewicht der Tiere mitunter um das 135-fache zu.

Alleskönner – aber nur fast

Die Krallen hingegen ermöglichen den Spinnentieren das Verhaken mit rauen Oberflächen und Haaren. Insgesamt sind die Zecken an solche Oberflächen jedoch schlechter angepasst. So hafteten sie im Experiment weitaus schwächer an rauen Materialien als an glatten. Insbesondere Silikon und mikro-raue Kunstharzoberflächen stellten für die Blutsauger eine große Herausforderung dar.

Dass die Haftkraft der Zecken auf diesen Oberflächen vergleichsweise gering ist, könnte neue Ansätze für die Abwehr der Plagegeister eröffnen. „Was die Haftung angeht, sind die Zecken durch eine Kombination von weichem Kissen und scharfen Krallen fast Alleskönner, aber nur fast. Unsere Experimente zeigen deutlich, wie eine zukünftige technische Oberfläche mit einer Antihaftwirkung für die Zecken aussehen kann“, sagt Gorb. Somit könnten die Zecken abgewehrt werden, ehe sie sich an Haut und Haar festkrallen.

Männliche Zecken ziehen im Haftwettstreit mit ihren weiblichen Artgenossen übrigens immer den Kürzeren. Herausragende Haftfähigkeiten benötigten sie schlicht nicht, berichten die Wissenschaftler. Ausgenommen vom Paarungsakt halten sich die Männchen nämlich kaum auf Wirten auf. (Journal of Experimental Biology, 2017; doi: 10.1242/jeb.152942)

(Technische Universität Dresden, 21.06.2017 – DAL)

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