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Geowissen

Magma: Kalt statt heiß

In der Erdkruste eingeschlossenes Magma macht lange "Kälteperioden" durch

An die Oberfläche tritt Magma als heiße, glühend-rote Lava. © Stockbyte/ iStock.com

Von wegen glühend heiß: Magma verbringt den Großteil seiner Zeit in der Erdkruste keineswegs als heiße, mobile Masse. Stattdessen bleibt es lange erstaunlich kalt und fest, wie Mineralanalysen enthüllen. Erst relativ kurz vor einem Vulkanausbruch findet der Wandel vom kalten in den heißen Zustand statt. Aus dieser Erkenntnis könnten sich in Zukunft neue Ansätze für die Vorhersage von Eruptionen ergeben, schreiben die Forscher im Fachmagazin „Science“.

Magma stammt aus der Tiefe des Erdmantels – und ist für einige der prägendsten Prozesse auf unserem Planeten verantwortlich. Wenn das zähflüssige Gesteinsgemisch als heiße Masse nach oben steigt und sich in gewaltigen Kammern in der Erdkruste sammelt, beginnt eine Zeitbombe zu ticken. Denn mitunter kann das Magma an die Oberfläche aufsteigen und einen Vulkanausbruch auslösen. In seiner dortigen Form als Lava kennen wir das Magma nur allzu gut: eine glühend-rote, flüssige Substanz, die mit der Zeit abkühlt und erstarrt.

Doch wie verhält sich das Magma eigentlich, bevor es als Lava durch die Erdkruste bricht? Darüber wissen Forscher erstaunlich wenig. Denn verborgen im Inneren des Planeten ist es nur schwer zu erforschen. Einem Team um Allison Rubin von der University of California in Davis ist es nun trotzdem gelungen, mehr über den Lebenszyklus von Magma zu erfahren.

Vor rund 700 Jahren brach der Mount Tarawera in Neuseeland aus - und förderte verräterische Mineralien zutage. © Kari Cooper

Zirkonkristalle als „Black Box“

Um herauszufinden, was in der Zeit vor der Eruption passiert, untersuchten Rubin und ihre Kollegen sieben Zirkonkristalle, die sie aus rund um den neuseeländischen Vulkan Mount Tarawera verstreuten Trümmern geborgen hatten – Relikte eines Ausbruchs vor rund 700 Jahren. Die Kristalle sind für Geowissenschaftler so etwas wie eine Black Box im Flugzeug. „Sie können uns sagen, was passiert ist, als sie unter der Oberfläche waren“, sagt Rubins Kollegin Kari Cooper.

So gab die Analyse von Uranium- und Thorium-Isotopen Auskunft über das Alter der Kristalle. Die Verteilung von Lithium in den Proben diente hingegen als Hinweis darauf, wann die Kristalle Temperaturen ausgesetzt waren, die Gestein zum Schmelzen bringen. Das überraschende Ergebnis: Sechs der sieben Zirkonkristalle sind zwar schon mehrere zehntausend Jahre alt. Aber nur wenige Jahre oder Jahrzehnte ihres Lebens herrschten in ihrer Umgebung heiße Bedingungen von über 650 Grad Celsius, wie die Analysen ergaben.

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Dies ist einer der Zirkon-Kristalle, die die kalte Vergangenheit des Magmas enthüllten. © Allison Rubin

Im kalten Schlummermodus

Das heißt: Einen Großteil der Zeit, die das Magma unter dem Vulkan in der Erdkruste schlummert, scheint es in größeren Tiefen zu lagern und vergleichsweise kalt und fest zu sein. Das Bild einer ständig brodelnden Gesteinsmasse ist demnach falsch. „Wir müssen unsere Vorstellung davon, wie eine Magmakammer aussieht, offenbar ändern“, sagt Cooper.

Damit das Magma an die Oberfläche dringen kann, muss es sich erhitzen und zu jener schmelzflüssigen Masse werden, die wir kennen. Wahrscheinlich passiert das, indem das nahezu feste Magma in heißere Bereiche transportiert wird und dort mit flüssigerem Material interagiert. Die Prozesse, die das Magma erhitzen, passieren dabei in einer geologisch sehr kurzen Zeit, wie die Auswertung zeigt. „Es dauert dann nur Jahre oder Jahrzehnte, bis es zum Ausbruch kommt“, sagt Mitautor Adam Kent von der Oregon State University in Corvallis.

Neuer Ansatz für Vorhersagen?

Die Wissenschaftler glauben, dass ihre Erkenntnisse nicht nur für den Mount Tarawera gelten, sondern für viele andere Vulkane auch. Sollte es stimmen, dass die meisten Vulkane ihr Magma in einem relativ kalten Zustand speichern, könnten sich daraus in Zukunft neue Ansätze für die Vorhersage von Ausbrüchen ergeben. „Gelingt es Forschern zu bestimmen, in welchen Vulkanen heißes, mobiles Magma vorhanden ist, können sie bevorstehende Eruptionen schon früh erkennen“, schreibt das Team. (Science, 2017; doi: 10.1126/science.aam8720)

(American Association for the Advancement of Science/ University of California Davis/ Oregon State University, 16.06.2017 – DAL)

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