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Biologie

Top Ten der neuentdecken Arten 2017

Forscher küren die bizarrsten und spannendsten Neuentdeckungen des letzten Jahres

Dies sind nur sechs der zehn ungewöhnlichsten Arten des Jahres 2017 © Sumukha, Peter Kirk, Kevin Rowe, Georg Fischer, M. Kolanowska, Siriwut, Edgecombe and Panha

Eine Orchidee mit Teufelsgesicht, ein schwimmender Tausendfüßer und eine Spinne, die dem Hut des Zauberers Gryffindor aus Harry Potter ähnelt: Dies sind nur drei der rund 18.000 im letzten neuentdeckten Tier- und Pflanzenarten. Die zehn bizarrsten und spannendsten von ihnen stellen Biologen in ihrer Top Ten-Liste vor. Die Neuentdeckungen demonstrieren, dass wir bisher nur einen kleinen Teil der Natur überhaupt kennen.

Obwohl wir Menschen und unsere Zivilisation die Erde mehr und mehr verändern und beeinträchtigen, kennen wir bisher nur einen Bruchteil unserer tierischen und pflanzlichen Mitbewohner auf diesem Planeten. Um darauf aufmerksam zu machen, haben Forscher des International Institute for Species Exploration (IISE) nun eine Liste der zehn ungewöhnlichsten, spannendsten und bedeutendsten Neuentdeckungen des letzten Jahres zusammengestellt.

„In dem Jahrzehnt seit unserer ersten Top Ten-Liste wurden fast 200.000 neue Arten entdeckt und bekannt“, sagt Quentin Wheeler vom College of Environmental Science and Forestry (ESF). „Das wären gute Nachrichten, wenn da nicht die Tatsache wäre, dass wir schneller Arten ausrotten als wir sie entdecken.“

„Zauberhut“-Spinne und wandelndes Blatt in Pink

Ihre ungewöhnliche Körperform brachte der in Indien entdeckten Spinne Eriovixia gryffindori ihren Namen ein: Die nur rund zwei Millimeter große, bräunlich gefärbte Spinne ähnelt verblüffend einem Zaubererhut mit abgeknickter Spitze und wurde daher nach dem Hut des Zauberer Gryffindor aus Harry Potter benannt. Sinn dieser ungewöhnlichen Körperform ist allerdings die Tarnung: Die Spinne ahmt so ein welkes Blatt nach.

Die Heuschrecke Eulophophyllum kirki ähnelt einem Blatt © Peter Kirk

Ebenfalls der Tarnung dient die knallige Pinkfärbung einer in Malaysia entdeckten Heuschreckenart. Die rund vier Zentimeter große Art Eulophophyllum kirki ähnelt einem wandelnden Blatt und ahmt sogar die Blattadern und Blattform ihrer Nahrungspflanzen nahezu perfekt nach. Selbst die langen Hinterbeine ähneln jeweils einem länglichen Blatt.

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Allesfresser-Ratte und „königlicher“ Stachelrochen

Wer glaubt, dass wir wenigstens bei den Säugetieren schon so gut wie alle Arten kennen, der irrt. Biologen haben jetzt in Sulawesi sogar eine zuvor unbekannte Rattenart entdeckt. Die zierliche, braungraue Gracilimus radix ernährt sich sowohl von Pflanzen als auch von kleinen Beutetieren. Dies ist ungewöhnlich, weil ihre nähere Verwandtschaft ausschließlich Fleisch- und Insektenfresser umfasst, wie die Forscher berichten.

Dass selbst große Tierarten jahrzehntelang übersehen werden können, demonstriert der im brasilianischen Tocatins-Fluss entdeckte Stachelrochen Potamotrygon rex. Dieser gut ein Meter lange Fisch ist nicht nur ziemlich groß, er ist auch auffallend gefärbt: Er trägt leuchtend orangene Punkte auf seiner schwarzbraun gefärbten Haut. Diese Kombination von Größe und Farbe trug ihm den Beinamen „rex“ – „König“ – ein.

Blutende Tomaten und Teufelsgesicht

In West-Australien haben Biologen eine ungewöhnliche, bis zu zwei Meter hoch wachsende Tomatenart entdeckt. Solanum ossicruentum bildet rund zwei Zentimeter kleine, grüne Früchte, die von einer Stachelhülle umgeben sind und beim Anschneiden plötzlich einen Farbwandel durchmachen: Ihr Saft und Fleisch verfärbt sich durch die Oxidation an der Luft von grünlich zu blutrot.

Blüte mit Teufelsfratze: die Orchidee Telipogon diabolicus © M. Kolanowska

Eher gruselig ist dagegen die in Kolumbien neuentdeckte Orchideenart Telipogon diabolicus. Denn der innere Teil ihrer Blüte ähnelt verblüffend einer Teufelsfratze. Trotz dieses teuflischen Aussehens ist die Orchidee allerdings völlig harmlos und akut bedroht. Denn der einzige bekannte Standort dieser Pflanze ist durch den Bau einer Straße gefährdet.

Vielfüßige Sonderlinge und Tauchkünstler

Dass neue Arten keineswegs nur in entlegenen Dschungelgebieten entdeckt werden, beweist der Tausendfüßer Illacme tobini. Denn Biologen spürten diesen augenlosen, rund zwei Zentimeter langen Arthropode im Sequoia Nationalpark an der US-Westküste auf. Der Tausendfüßer lebt dort in winzigen Ritzen des Untergrunds. Skurril auch: Das Tier hat reduzierte Mundwerkzeuge und scheint nur flüssige Nahrung aufnehmen zu können.

Eine ungewöhnliche Fluchtstrategie zeigt dagegen ein in Südostasien entdeckter Hundertfüßer: Der rund 20 Zentimeter große, tiefschwarz gefärbte Scolopendra cataracta kann schwimmen und tauchen und unter Wasser fast genauso schnell laufen wie an Land. Wird er bedroht, taucht er blitzschnell ab und versteckt sich unter Steinen am Flussgrund. Er ist der einzige bekannte Hundertfüßer mit solchen Tauch- und Schwimmfähigkeiten.

Dornen-Ameise und Urzeit-Wurm

Wehrhaft kommt dagegen die in Papua-Neuguinea entdeckte Ameisenart Pheidole drogon daher: Auf ihrem Rücken trägt sie eine Reihe großer verzweigter Dornen. Weil sie die Biologen damit an den Schwarzen Drachen der Figur Daenerys Targaryen aus der Serie „Game of Thrones“ erinnerte, tauften sie ihn nach diesem Drachen „Drogon“. Die Dornen dienen offenbar sowohl der Verteidigung als auch als Muskelansatzstellen für die kräftigen Beißmuskeln der Ameisen.

Einem eher unförmigen, zusammengefallenen Luftsack ähnelt der vor der Küste Mexikos entdeckte Meereswurm Xenoturbella churro. Dieser zu einer sehr ursprünglichen Gruppe des Tierreiches gehörende Wurm hat weder Mund noch After. Dennoch frisst der rund zehn Zentimeter lange Wurm selbst härtere Beute wie beispielsweise Muscheln.

Bilder aller Top Ten-Spezies finden Sie in unserer Diaschau

(SUNY College of Environmental Science and Forestry, 22.05.2017 – NPO)

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