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Archäologie

„Ötzi“ Opfer eines Tyrannenmordes?

Frühgeschichtler hält Mord durch Stammesgenossen für die Todesursache

“Ötzi“, das älteste bekannte Mordopfer der Geschichte, wurde vor 5.300 Jahren von seinen eigenen Leuten umgebracht. So jedenfalls die Hypothese von Walter Leitner, Professor für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Innsbruck. Der vor einigen Jahren in den Alpen gefundene „Gletschermann“ wies Spuren eines gewaltsamen Todes auf, doch die Umstände seines Todes sind bisher nicht eindeutig geklärt.

Ötzi sei ein Häuptling oder Dorfvorsteher gewesen, der halsstarrig an seiner Macht festhielt. Dabei hatte er mit seinen 47 Jahren ein für steinzeitliche Verhältnisse geradezu methusalemhaftes Alter erreicht. „Seine Konkurrenten sahen keine Alternative, als ihn gewaltsam aus dem Weg zu räumen“, sagt Leitner. „Seine Zeit war um.“

Die These, Ötzi sei einem Tyrannenmord zum Opfer gefallen, stimmt mit den Verletzungen überein, die an der Gletschermumie gefunden wurden. Vor allem klärt sie den Umstand, warum sein Leichnam nicht geplündert wurde. Um das Verbrechen zu vertuschen, ließen ihm die Täter seine wertvolle Ausrüstung. Es sollte den Anschein haben, der alte Mann sei in den Bergen verschollen.

Leitners Theorie bringt nicht nur den Steinzeitkrimi ein Stück weit näher an seine Aufklärung. Er passt auch zum angeblichen „Fluch des Ötzi“, über den derzeit viel spekuliert wird. Bereits vier Menschenleben soll die Rache des Eismanns gefordert haben. Mit Ötzi befasste Forscher halten den Spuk zwar für eine Legende, sie beteuern dennoch gegenüber der ZEIT: „Ich habe ihn immer nur angesehen, nie berührt“, sagt Walter Leitner.

„Ich habe ihn nur ein einziges Mal angefasst“, sagt Alex Susanna, der Direktor des Museums in Bozen, wo Ötzi verwahrt wird. Und selbst Markus Egg vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz, der Ötzis Ausrüstung untersuchte, sagt: „Ich habe ihm nichts getan, nur einen Schuh ausgezogen.“

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(Die Zeit, 23.12.2004 – NPO)

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