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Technik

Erster Quantencomputer wird kommerziell

An die Cloud angeschlossener Quantencomputer bald auch für Unternehmen nutzbar

Der Quantencomputer IBM Q wird dank einfacherer Schnittstellen bald auch kommerziell nutzbar sein © IBM Research

Quantenrechner für Alle? Der Computerkonzern IBM will in wenigen Monaten den ersten Quantencomputer für kommerzielle Zwecke nutzbar machen. Schon jetzt ist das fünf-Qubit-System „IBM Q“ für Forschungsexperimente über die Cloud verfügbar. Künftig jedoch sollen einfachere Schnittstellen die Nutzung und Programmierung des Quantencomputers auch für Unternehmen ermöglichen.

Quantencomputer gelten als die Rechner der Zukunft, denn sie können bestimmte Aufgaben schneller lösen als herkömmliche Computer. Dank des quantenphysikalischen Phänomens der Überlagerung spielen sie alle möglichen Lösungen auf einmal durch. Sie haben daher nicht nur die Wahl zwischen Null und Eins, sondern können in einem Quantenbit sehr viel mehr Informationen speichern und verarbeiten – theoretisch.

Quantenrechner mit konventioneller Schnittstelle

Doch bisher war die Anwendbarkeit der ersten Quantencomputer eher begrenzt. Einige können nur ganz bestimmte Aufgaben lösen, andere sind zwar frei programmierbar, aber noch weit von einer breiten Nutzung oder Markteinführung entfernt.

Jetzt will der Computerkonzern IBM einen Schritt weiter gehen: Der von ihm entwickelte Quantencomputer „IBM Q“ soll noch in diesem Jahr auch für Unternehmen einsetzbar werden. Dank neuer Schnittstellen können dann Programmierer anderer Firmen auf den Quantenrechner zugreifen und ihm auch ohne Kenntnisse der Quantenphysik Befehle erteilen. Zudem soll auch die Verknüpfung herkömmlicher IT mit dem Quantenrechner möglich werden.

Supraleitende Metallspulen bilden die Basis für den Quantencomputer IBM Q © IBM Research

Virtuelle Qubits in eiskalten Supraleitern

Der Quantencomputer IBM Q sorgte erst vor Kurzem für Schlagzeilen, als er in einem ersten Duell gegen einen anderen Quantenrechner antrat. Beide Quantencomputer rechneten mit jeweils fünf Qubits, diese bestanden jedoch bei seinem „Gegner“ aus fünf Ytterbium-Ionen, bei IBM Q werden die Recheneinheiten von supraleitenden Spulen gebildet.

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Das Herz des IBM-Quantenrechners bilden stark heruntergekühlte Metallspulen, die bei dieser Kälte supraleitend werden. Dabei bilden sich in ihnen virtuelle Teilchen in Form von supraleitenden Inseln, sogenannte Transmon Qubits. Sie sind über Mikrowellen miteinander verknüpft. Nullen und Einsen werden in diesem Quantenrechner durch zwei Niveaus der elektrischen Spannung in den Supraleitern umgesetzt.

Der IBM Q-Rechner ist schon seit einigen Monaten für Forscher und Universitäten über die Cloud nutzbar – und wurde schon für mehr als 275.000 Experimente genutzt, wie IBM mitteilt. Verschiedene Algorithmen lassen sich auf dem Quantenrechner durch jeweils bestimmte Verschränkungen der Qubits umsetzen. Bisher allerdings erforderte dies tiefergehendes Wissen über Quantenphysik und Quantencomputer. Das jedoch soll sich dank der neuen Schnittstellen schon in den nächsten Monaten ändern.

Einsatz vor allem in der Chemie

Anwendungen sieht IBM vor allem in der Material- und Medikamentenforschung. Denn mit den komplexen chemischen Wechselwirkungen von Molekülen sind konventionelle Rechner schnell überfordert, Quantencomputer jedoch können hier punkten. Auch in Logistik, für künstliche Intelligenz oder im Finanzbereich könnte IBM Q künftig eingesetzt werden.

„Heutige Computersysteme sind außergewöhnlich leistungsfähig und werden auch weiterhin eine zentrale Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft spielen“, betont Tom Rosamilia, leitender Vizepräsident von IBM Systems. „Es gibt aber eine Reihe von Herausforderungen, die mit diesen Computern nicht zu bewältigen sind. Dafür brauchen wir Quantencomputer.“

Prinzip und Nutzen des Quantencomputers IBM Q© IBM Research

Das Unternehmen plant, ihre Quantensysteme von momentan fünf Qubits auf bis zu 50 Qubits aufzustocken, um die Leistungsfähigkeit des Quantencomputers zu erhöhen. Bereits in Kürze soll zudem ein erweiterter Simulator in der Cloud online gehen, der ein System von bis zu 20 Qubits simulieren kann.

(IBM, 07.03.2017 – NPO)

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