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Biologie

Insektizide machen Wespen geruchsblind

Schon geringste Dosen von Neonicotinoiden stören Paarung und Eiablage

Die Wespe Nasonia vitripennis parasitiert Fliegenpuppen - und ist daher sehr nützlich. © Joachim Ruther

Sensible Nützlinge: Insektizide schaden nicht nur Bienen und anderen Bestäuberinsekten, auch wertvolle Helfer im Pflanzenschutz leiden. Ein Experiment belegt, dass schon kleinste Mengen eines Neonicotinoids die Wahrnehmung parasitischer Wespen stört. Als Folge finden sie weder ihre Paarungspartner noch die Fliegen, in die sie ihre Eier ablegen, wie die Forscher im Fachmagazin Scientific Reports“ berichten.

Neonicotinoide sind schon seit längerem in der Diskussion, drei dieser Insektizide dürfen seit 2013 in der EU nur noch eingeschränkt verwendet werden. Denn es mehren sich die Hinweise darauf, dass diese Substanzen trotz gegenteiliger Beteuerungen der Hersteller Bienen und anderen wichtigen Bestäuberinsekten schaden. So beeinträchtigen sie die Orientierung der Tiere, wirken auf Hummeln wie eine Droge und könnten sogar Mitschuld am Schwund der Singvögel sein.

Natürlicher Schädlingsbekämpfer im Test

Doch wie Joachim Ruther von der Universität Regensburg und seine Kollegen herausgefunden haben, schaden Neonicotinoide nicht nur den Bestäubern, sondern auch anderen nützlichen Insekten. Gezeigt hat sich dies bei Versuchen mit der parasitische Wespe Nasonia vitripennis. Diese auch als Juwelwespe bekannte Art legt ihre Eier in Schmeißfliegen und andere Fliegenarten ab und trägt damit auf natürliche Weise dazu bei, diese Insekten zu kontrollieren.

Für ihre Studie tupften die Forscher den Wespen einen kleinen Tropfen des in Aceton gelösten Neonicotinids Imidacloprid auf die Hinterleibsspitze. Die Dosis des Insektizids lag bei 0,1 bis 1,1 Nanogramm pro Wespe, dies entspricht nur ein bis 13 Prozent der Dosis, ab der die Hälfte der Tiere stirbt. Anschließend beobachteten sie, wie gut diese Wespen Paarungspartner und Wirte für ihre Eiablage fanden.

Paarung und Eiablage gestört

Das Ergebnis: Selbst die Wespenweibchen, die mit den geringsten Dosen von Imidacloprid behandelt wurden, konnten den männlichen Sexuallockstoff nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr wahrnehmen. Als Folge fanden sie ihre Paarungspartner nicht mehr. Abhängig von der Dosis, kam es dadurch in bis zu 80 Prozent der Experimente zu gar keiner Paarung mehr, wie die Forscher berichten.

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Die Störung bei der Wahrnehmung chemischer Signale wirkte sich auch auf die Wirtsfindung der Wespen aus: Weibchen, die mit 0,4 Nanogramm Imidacloprid oder mehr behandelt wurden, konnten in einem Labyrinthversuch den Gang mit dem Wirtsduft nicht mehr von leeren Gängen unterscheiden. „Diese Einschränkungen des Geruchssinns, die wir im Labor festgestellt haben, dürften auch in der Natur drastische Folgen für den Fortpflanzungserfolg der Wespen haben“, erklärt Ruther.

Auch andere Insekten betroffen

Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass schon geringste Dosen von Neonicotinoiden die wichtige Funktion dieser Wespen als natürliche Schädlingsbekämpfer beeinträchtigen. Parasitische Wespen spielen als natürliche Feinde anderer Insekten eine wichtige Rolle für das Funktionieren von Ökosystemen, indem sie die Dichte und Ausbreitung ihrer Wirte natürlich regulieren.

„Wir befürchten zudem, dass die Effekte nicht nur auf andere parasitische Wespen, sondern auf Insekten generell übertragbar sind“, so Ruther. Berücksichtigt man die Bedeutung des chemischen Sinnes für den Reproduktionserfolg von Insekten sowie ihre Rolle als Nahrungsquelle für andere Tiere, wie beispielsweise Singvögel, könnte das dramatische Folgen für die Umwelt haben. (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/srep42756)

(Universität Regensburg, 16.02.2017 – NPO)

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