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Paläontologie

Urzeitliches „Schildkrötenschwein“ entdeckt

260 Millionen Jahre alter Vertreter der Dicynodontia schließt Fossillücke

So könnte der Bulbasaurus ausgesehen haben. Seine Schnauze ähnelte dem Schnabel einer Schildkröte, hatte aber große Eckzähne. © Matt Celeskey

Skurriler Fund: In Südafrika haben Paläontologen ein ungewöhnliches Fossil entdeckt. Sein Kopf ähnelt dem einer riesigen Schildkröte mit gewaltigen Hauern. Trotz dieses furchterregenden Aussehens war das rund 250 Millionen Jahre alte Reptil jedoch ein Pflanzenfresser und gehört zu frühen Vorfahren der Säugetiere. Die neu entdeckte Art, Bulbasaurus phylloxyron, füllt nun eine entscheidende Lücke in der Evolution dieser Tiergruppe.

Im Perm, vor rund 260 Millionen Jahren entwickelten sich Reptilien, die in manchem erstaunlich säugetierähnlich waren: Die Beine der Therapsiden waren nicht mehr seitlich abgespreizt wie bei frühen Echsen, am Hals und im Lendenbereich besaßen sie keine Rippen mehr. Einige von ihnen trugen schon ein Fell und bauten sogar komplexe Wohnhöhlen wie heute die Erdmännchen. Tatsächlich entwickelten sich aus den Nachfahren dieser Tiergruppe später die Säugetiere.

Auch die eher seltsam anmutenden Dicynodontier gehörten zu dieser damals fortschrittlichen Tiergruppe. „Dicynodontier sind äußerst merkwürdig aussehende Tiere mit Schildkröten-ähnlichen Hornschnäbeln, Hauern und einem gedrungenen Körper, der an ein Schwein erinnert“, erläutert Christian Kammerer vom Museum für Naturkunde Berlin. „Heute gibt es keine vergleichbaren Tiere mehr, aber sie waren die erfolgreichsten Pflanzenfresser ihrer Zeit.“

Ungewöhnlich große Hauer

Inmitten anderer Fossilien aus dem Karoo-Becken in Südafrika haben nun Kammerer und seine Kollegen nun ein besonders ungewöhnliches Exemplar dieser ohnehin schon skurrilen Tiere entdeckt.

Das Bulbasaurus phylloxyron getaute Fossil stammt von einem recht kleinen, etwa hundegroßen Tier. Wie bei anderen Vertretern der Dicynodontia ist seine Schnauze zu einer Art Schnabel mit harten Kauleisten umgebildet. Der Schädel ist breit und läuft fast dreieckig auf die vorgewölbte Schnabelschnauze zu.

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Doch die Eckzähne fallen aus dem Rahmen: „Mir war klar, dass diese Schädel nicht zu den zu der Zeit häufig vertretenen Arten gehören konnten, denn verglichen mit ihren Zeitgenossen hatten diese Dicynodontier gewaltige Hauer“, berichtet Kammerer. Die Eckzähne sind rund zwei Zentimeter lang – bei einer Schädellänge von nur 14 Zentimetern.

Vertreter der „Geisterlinie“

Wie die Paläontologen erklären, schließt die neue Art eine problematische Lücke im Fossilbericht. Denn obwohl er zu den frühen Dicynodontiern gehört, besitzt Bulbasaurus vor allem am Schädel bereits viele Merkmale, die man bisher nur von späteren Verwandten kannte. Seine Familie, die sogenannten Geikiiden, galt lange sogar als „Geisterlinie“, weil aus dem frühen und mittleren Perm zuvor keine Fossilien gefunden wurden.

Erst Bulbasaurus belegt nun eindeutig, dass es diese skurrilen Formen der Urzeit-Reptilien schon vor rund 260 Millionen Jahren gab. (PeerJ, 2017; doi: 10.7717/peerj.2913)

(Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, 01.02.2017 – NPO)

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