Anzeige
Astronomie

Die Milchstraße ist ein Sternendieb

Forscher identifizieren elf Sterne aus benachbarten Zwerggalaxien

In den Außenbereichen der MIlchstraße gibt es noch unzählige, bisher nicht entdeckte "geklaute" Sterne. © NASA/JPL-Caltech/ ESO/R. Hurt

Kosmische Raubzüge: Im Außenbereich unserer Milchstraße haben Astronomen Sterne entdeckt, die ursprünglich zu benachbarten Galaxien gehörten. Bei nahen Passagen dieser Zwerggalaxien muss die größere Schwerkraft der Milchstraße diese Sterne eingefangen haben. Mindestens fünf dieser „geklauten“ Sterne stammen von der Sagittarius-Zwerggalaxie, weitere sechs von noch unbestimmten Nachbargalaxien.

Unsere Milchstraße schwebt nicht allein im All: Sie ist von unzähligen, oft nur wenige tausend Sterne umfassenden Zwerggalaxien umgeben. Erst kürzlich haben Astronomen zudem erste dunkle Begleiter entdeckt – Galaxien, die fast nur aus Dunkler Materie bestehen.

Elf „Ausreißer“

Forscher nehmen schon länger an, dass es in der Vergangenheit häufiger einen Austausch von Sternen und Gas zwischen der Milchstraße und ihren Begleitern gab. Einen neuen Beleg dafür haben nun Marion Dierickx und Abraham Loeb vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) entdeckt. Für ihre Studie hatten sie die Bewegungen einiger Sterne im Außenbereich der Milchstraße analysiert.

Dabei zeigte sich: Die Flugbahnen von elf Sternen weicht deutlich von der sonst in der Milchstraße üblichen ab. Die „Ausreißer“ liegen rund 300.000 Lichtjahre von uns entfernt, deutlich außerhalb der Spiralarme der Milchstraße, wie die Forscher berichten. Ihre Positionen und Geschwindigkeiten deuten darauf hin, dass diese Sterne einst zu anderen Galaxie gehörten.

Zerrupfter Nachbar

Aber woher stammen diese „geklauten“ Sterne? Zumindest für einige dieser Objekte hatten die Astronomen die Sagittarius-Zwerggalaxie im Verdacht. Sie liegt nur rund 70.000 Lichtjahre von uns entfernt und ist daher einer der nächsten Nachbarn der Milchstraße. Heute enthält sie noch rund eine Milliarde Sterne, die teilweise in weit ausgezogenen Ausläufern um den Galaxienkern verteilt sind.

Anzeige
Die Sagittarius-Zwerggalaxiwe (roter Punkt) ist heute zu enormen Sternenströmen ausgezogen (Geld) Die Milchstraße (rote Scheibe) liegt in deren MItte. © Marion Dierickx / CfA

Um herauszufinden, ob die Ausreißer-Sterne vom Sagittarius-Zwerg stammen, rekonstruierten Dierickx und Loeb dessen Bewegungen in den letzten acht Milliarden Jahren. Die Simulation ergab, dass die Sagittarius-Zwerggalaxie einst gut zehnfach so massereich war wie heute. Im Laufe der Zeit verlor sie durch die Gezeitenkräfte der Milchstraße ein Drittel ihrer Sterne und sogar neun Zehntel ihrer Dunklen Materie, so die Forscher.

„Es gibt noch viel mehr Ausreißer“

Ein Teil dieser verlorenen Materie verteilt sich heute auf drei weit ausgezogene Sternenströme, die bis zu einer Million Lichtjahre weit ins All hinausreichen – das entspricht fast der zehnfachen Breite der Milchstraße. Einige der Sterne landeten aber auch in den Außenregionen unserer Galaxie, wie die Astronomen feststellten.

Von den elf „Ausreißern“ stammen demnach fünf ursprünglich aus dem Sagittarius-Zwerg. Die sechs übrigen scheinen nicht aus dieser Zwerggalaxie zu kommen, könnten aber aus einer anderen Zwerggalaxie im Umfeld unserer Milchstraße „geklaut“ worden sein. „Dort draußen warten aber noch sehr viel mehr Ausreißer aus dem Sagittarius-Zwerg auf ihre Entdeckung“, sagt Dierickx. (The Astrophysical Journal, in press; arXiv:1611.00089)

(Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, 13.01.2017 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

News des Tages

Feldhase

Genom des "Osterhasen" entschlüsselt

Erstes Bild der Magnetfelder ums Schwarze Loch

Ägypten: Wandbilder aus der Totenstadt

Wie das Klima den antarktischen Zirkumpolarstrom beeinflusst

Bücher zum Thema

Kosmische Reise - Von der Erde bis zum Rand des Universums von Stuart Clark

Astronomie - Eine Entdeckungsreise zu Sternen, Galaxien und was sonst noch im Kosmos ist von Neil F. Comins

Kosmische Kollisionen - von Lars Lindberg Christensen, Davide de Martin und Raquel Yumi Shida

Gravitation - Die Urkraft des Universums

Top-Clicks der Woche