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Astronomie

Kosmischer Doppelschlag

Kombination aus Schwarzem Loch und Haufen-Kollision erzeugt energiereichste Teilchenströme

Kompositaufnahme von Abell 3411 und 3412. Das selbst nicht sichtbare Schwarze Loch erzeugt einen Teilchenstrahl, der von den rötlich leiuchtenden Schockwellen der Galaxienhaufen-Kollision zusätzlich beschleunigt wird. Es entsteht ein kometennähnlich ausgezogener Jet von Strahlung und Teilchen (blau) © X-ray: NASA/CXC/SAO/R. van Weeren et al; Optical: NAOJ/Subaru; Radio: NCRA/TIFR/GMRT

Doppelter Schub: In zwei fernen Galaxienclustern haben Astronomen eine einzigartige Doppelkatastrophe aufgespürt. Die Kombination eines aktiven supermassereichen Schwarzen Lochs und der Kollision zweier gewaltiger Galaxienhaufen erzeugt einen Millionen Lichtjahre langen Strahlenschweif. Die doppelt beschleunigten Wirbel gehören zu den energiereichsten Phänomenen des Kosmos.

Galaxienhaufen gehören zu den größten Strukturen unseres Universums. Sie vereinen unzählige Galaxien und Billionen von Sonnenmassen in sich. Wenn zwei oder gar mehr solcher Giganten des Kosmos miteinander kollidieren, werden gewaltige Energien frei. Noch spektakulärer sind jedoch die Folgen eines anderen kosmischen Giganten: Wenn ein supermassereiches Schwarzes Loch Materie verschlingt, wird es zum gewaltigen Teilchenbeschleuniger.

Ungewöhnliche Kombination

„Einzeln haben wir haben jedes dieser spektakulären Phänomene schon häufiger im Weltall beobachtet“, sagt Reinout van Weeren vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA). Noch nie jedoch haben Astronomen beide Phänomene und ihre Folgen in einem System gesehen – bis jetzt.

Entdeckt haben die Forscher diesen kosmischen Doppelschlag in zwei rund zwei Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernten Galaxienhaufen, Abell 3411 und Abell 3412. Beide sind Riesen ihrer Zunft und umfassen Billiarden von Sonnenmassen. Beobachtungen mit dem Chandra-Röntgenobservatorium der NASA, den Radioteleskopen des Very Large Array in den USA und dem Giant Metrewave Radio Telescope (GMRT) in Indien haben dramatische Vorgänge in diesen Giganten enthüllt.

Doppelt beschleunigter Jet

Die Aufnahmen zeigen, dass in einem der Galaxienhaufen ein schnell rotierendes supermassereiches Schwarzes Loch sitzt, das enorm aktiv ist. Es erzeugt einen gewaltigen, energiereichen Magnetwirbel, der heißes Gas zu einem energiereichen Hochgeschwindigkeits-Jet beschleunigt, wie die Forscher berichten.

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Dieser Teilchenstrom reicht so weit in das All hinaus, dass er auf die Schockwellen trifft, die durch die Kollision der Galaxienhaufen und ihrer massereichen Gaswolken erzeugt wurden. Trifft der Jet auf diese Schockwellen, wird er noch zum zweiten Mal beschleunigt. „Das ist als wenn man eine Rakete in den niedrigen Erdorbit schießt und diese dann durch eine Kollision aus dem Sonnensystem katapultiert wird“, erklärt Koautor Felipe Andrade-Santos vom CfA.

Rekordverdächtiger „Teilchenbeschleuniger“

Das Ergebnis dieser doppelten Beschleunigung ist ein Teilchenstrahl, der mit enormem Tempo Millionen von Lichtjahre weit ins All hinaus rast. „Diese Teilchen gehören zu den energiereichsten Partikeln, die je im Universum beobachtet wurden“, sagt Andrade-Santos. „Das verdanken sie der Kombination der beiden Ereignisse und der doppelten Injektion von Energie.“

Die Entdeckung dieses „Doppelschlags“ und der energiereiche Teilchenstrahl erklärt auch, warum die beiden Galaxiencluster eine so ausgedehnte und intensive Radiostrahlung aussenden. Diese hunderte Millionen Lichtjahre großen Radiosignaturen sorgten seit langem für Rätselraten unter den Astronomen, wie die Forscher erklären.

„Unser Fund zeigt, dass eine bemerkenswerte Kombination von mächtigen Ereignissen solche kosmischen Teilchenbeschleuniger erzeugen können – und sie zu den größten und energiereichsten Phänomenen des Kosmos machen“, sagt Koautor William Dawson vom Lawrence Livermore National Laboratory. „Kein Wunder, dass es erst die Kombination der leistungsstärksten Observatorien der Erde brauchte, um dies aufzudecken.“ (229th meeting of the American Astronomical Society)

(Chandra X-Ray Center, 06.01.2017 – NPO)

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