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Paläontologie

Dinos: Erstaunlich lange Zeit im Ei

Fossile Embryos liefern überraschende Erkenntnisse über die pränatale Entwicklung von Dinosauriern

Die Dino-Embryos entwickelten sich mehrere Monate lang im Ei. © AMNH/ M. Ellison

Mehrere Monate unter der Schale: Die Embryos von Dinosauriern entwickelten sich offenbar erstaunlich langsam. Das legt nun die Analyse embryonaler Fossilien zweier Arten nahe. Demnach verweilten die Dino-Babys mindestens drei bis sechs Monate im Ei – deutlich länger als etwa heute lebende Vögel. Die lange Inkubationszeit könnte für die Urzeitechsen von Nachteil gewesen sein. Womöglich trug sie sogar zum Aussterben der Tiere bei, berichten Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.

Fossilien von Dinosauriern gibt es zuhauf. Dank dieser urzeitlichen Relikte ist es Forschern heute möglich, sowohl die Lebensweise als auch das Aussehen vieler dieser Urzeitechsen gut zu rekonstruieren. Seltenheitswert haben dagegen Funde, die Einblicke in das Fortpflanzungsverhalten der Tiere und die Entwicklung ihres Nachwuchses gewähren.

„Die größten Rätsel über Dinosaurier betreffen ihre Embryologie. Darüber ist nahezu nichts bekannt“, sagt Gregory Erickson von der Florida State University in Tallahassee. „Die Zeit im Ei ist ein wichtiger Teil der Entwicklung der Tiere. Doch diese Phase ist bisher kaum erforscht, weil fossile Embryos äußerst selten sind“, ergänzt Darla Zelenitsky von der University of Calgary. Eine bisher unbeantwortete Frage rund um die embryonale Entwicklung von Dinosauriern hat das Paläontologen-Team nun jedoch klären können – mithilfe einer aufwändigen Zahnanalyse.

Zähne mit Wachstumslinien

Die Wissenschaftler wollten wissen, wie lange es in der Regel dauerte, bis ein Dino aus dem Ei schlüpfte. Um dies zu klären, untersuchten sie zwei Dinosaurier-Embryos: Einer stammte von einem Protoceratops, der sehr kleine Eier von rund 194 Gramm legte – der andere von einem gehörnten Giganten mit über vier Kilogramm schweren Eiern, dem Hypacrosaurus.

Diese Wachstumslinien im Dentin zeugen von der langsamen Entwicklung der Embryos. © G.M. Erickson

Mithilfe der Computertomografie analysierten Erickson und seine Kollegen die Zähne der bereits relativ weit entwickelten Dino-Babys. Unter dem Mikroskop wurde auf diesen Aufnahmen sichtbar, was die Forscher besonders interessierte: feine Wachstumslinien, ähnlich wie die Jahresringe im Holz von Bäumen. „Bei den Dinosauriern bilden sich diese Linien jedoch nicht jährlich, sondern täglich. Auf diese Weise konnten wir im wahrsten Sinne des Wortes zählen, wie lange die Embryos im Ei gewachsen waren“, erklärt Erickson.

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Länger als bei Vögeln

Das Ergebnis überraschte: Der kleine Protoceratops hatte rund drei Monate unter der Schale verbracht, der Nachwuchs des riesenhaften Hypacrosaurus sogar sechs. Anders als gedacht ähnelte die Inkubationszeit der Dinosaurier damit der von primitiven Reptilien, war aber deutlich länger als die der meisten Vögel.

Bisher gingen Experten davon aus, dass die Urzeitechsen ihre Eier ähnlich lange bebrüteten wie ihre gefiederten evolutionären Nachfahren. Nun zeigt sich jedoch: Die Vorfahren heute lebender Vögel entwickelten die beschleunigte Inkubation wahrscheinlich erst, nachdem sie sich von den landlebenden Dinos abgespaltet hatten. Vielleicht, so spekuliert das Team, verbrachten vogelähnlichere Dino-Arten wie der flugfähige Saurier Velociraptor bereits weniger Zeit im Ei – leider fehlen fossile Funde, um das zu überprüfen.

Langsame Entwicklung als Nachteil

Die langsame embryonale Entwicklung der landlebenden Dinosaurier könnte den Tieren einen bedeutenden Nachteil gebracht haben – und schließlich womöglich sogar zu ihrem Ende beigetragen haben. Denn mit der langen Brutzeit waren die werdenden Eltern und ihre Eier besonders anfällig für Jäger und andere Risiken aus der Umwelt.

Die langsame Entwicklung bedeutete zudem eine aufwändigere, energiezehrende Aufzucht sowie weniger Nachkommen und damit geringere Chancen im Wettbewerb der Arten. „Wir glauben, dass unsere Erkenntnisse erklären können, warum die Dinosaurier zum Ende der Kreidezeit ausstarben, während Amphibien, Vögel, Säugetieren und andere Reptilien das Massensterben überlebten und anschließend florierten“, sagt Erickson. „Sie vermehrten sich schlicht zu langsam.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2016; doi: 10.1073/pnas.1613716114)

(Florida State University/ American Museum of Natural History, 03.01.2017 – DAL)

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