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Materialforschung

Hüpfknete wird zum Sensor

Modifiziertes Spielzeug kann den Puls messen und Spinnenschritte registrieren

Diese Knete hat es in sich: Der Forscher Jonathan Coleman testet gemeinsam mit seinem Sohn die neue Knete. © AMBER/ Trinity College Dublin

Neues Einsatzgebiet für das Wundermaterial: Forscher haben erstmals Graphen mit der als Spielzeug bekannten Hüpfknete gemischt. Das Ergebnis ist ein neues Material mit erstaunlichen Eigenschaften: Der Stoff reagiert extrem empfindlich auf Berührung und ändert daraufhin seinen elektrischen Widerstand – das macht ihn zu einem guten Sensor. So konnte die Knete im Experiment etwa menschliche Atmung registrieren, den Puls messen und die Bewegungen einer Spinne erkennen.

Graphen gilt als das Material der Zukunft. Denn das zweidimensionale Netz aus Kohlenstoffatomen ist härter als Stahl und trotzdem biegsam. Gleichzeitig leitet es unter bestimmten Bedingungen elektrischen Strom nahezu verlustfrei und kann daher als Baumaterial für flexible Displays, Leseköpfe von Quantencomputern und viele weitere Anwendungen eingesetzt werden. Oft wird das „Wundermaterial“ mit anderen Materialen gemischt, um deren Eigenschaften zu verbessern.

Dies haben Wissenschaftler nun auch bei einem Stoff gemacht, der eher aus dem Kinderzimmer bekannt ist: der Hüpfknete. Das auch intelligente Knete genannte Material ist eine Masse auf Silikonbasis mit einem Bor-Anteil. Das Besondere: Je nach der Kraft, die auf sie wirkt, verändert die Knete ihre Viskosität. So zerfließt sie etwa langsam, wenn sie allein der Erdanziehung ausgesetzt ist. Wird sie dagegen gegen eine Wand geworfen, springt sie wie ein Gummiball zurück.

Materialgemisch überrascht

„Welchen Effekt es hat, wenn man Graphen in solche viskoelastischen Polymere einbettet, ist bisher noch nicht gut erforscht „, schreiben Conor Boland vom Trinity College in Dublin und seine Kollegen. Die Forscher haben sich dieser Thematik nun angenommen und einzelne Lagen der Kohlenstoffgitter zu herkömmlicher Hüpfknete hinzugefügt.

Das neu entstandene Material zeigte überraschende Eigenschaften: „Durch die Zugabe von Graphen wurde die Knete wie erwartet leitfähig – aber auf eine ungewöhnliche Art und Weise“, berichtet Bolands Kollege Jonathan Coleman. Denn der elektrische Widerstand in der Knete veränderte sich, sobald sie berührt oder belastet wurde. Ließ man die Masse hingegen in Ruhe, kehrte der Widerstand zu seinem ursprünglichen Wert zurück. Vermutlich hängt dieses Verhalten mit der Beweglichkeit der Graphenlagen innerhalb des Polymers zusammen.

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Empfindlicher Sensor

Interessant dabei: Die empfindliche Reaktion auf äußere Einflüsse legt nahe, dass die Knete als elektromechanischer Sensor fungieren könnte. Wie gut sich das Material dafür tatsächlich eignet, testeten die Wissenschaftler mithilfe weiterer Experimente. Das Ergebnis: Die Graphen-Knete konnte auf dem Nacken und der Brust von Probanden nicht nur Gelenkbewegungen erkennen, sondern auch die Atmung, den Puls und den Blutdruck messen.

In einem weiteren Versuch registrierte sie sogar die sanften Schritte einer kleinen Spinne. „Die Knete ist weitaus sensibler als viele herkömmliche Sensoren“, berichtet das Team. Diese Eigenschaft könnte dem getunten Spielzeug künftig zu einer Karriere in der Medizin verhelfen, wo es zum Beispiel in Messgeräten zum Einsatz kommen könnte.

„Ganz neue Möglichkeiten“

„Fügt man Graphen zu Kunststoffen hinzu, um deren elektrischen, mechanischen oder thermischen Eigenschaften zu optimieren, verhält sich das neue Material in der Regel wie erwartet. Es gibt keine großen Überraschungen. Doch bei der Hüpfknete war das anders“, sagt Coleman. „Ein solches Verhalten wurde bisher bei keinem Verbundstoff beobachtet. Diese einzigartige Entdeckung eröffnet nun ganz neue Möglichkeiten im Bereich der Sensorherstellung“, schließt er. (Science, 2016; doi: 10.1126/science.aag2879)

(AAAS/ AMBER Centre, 28.12.2016 – DAL)

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