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Astronomie

Schwarzes Loch löst Supernova-Rätsel

Vermeintliche Supernova entpuppt sich "unmögliches" kosmisches Ereignis

So könnte das Zerreißen des Sterns durch das supermassereihe Schwarze Loch aus der Nähe aussehen © ESO, ESA/Hubble, M. Kornmesser

Astronomen könnten das Rätsel der unerklärlich hellen Supernova ASASSN-15lh gelöst haben: Es war gar keine Sternexplosion. Stattdessen stammt die Strahlung von einem Stern, der langsam von enormen Schwerkraftwirkung eines supermassereichen Schwarzen Lochs zerrissen wird, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Astronomy“ berichten. Bisher hielt man ein solches Szenario für unmöglich, weil ein Schwarzes Loch dieser Größe einen Stern ganz verschlucken müsste.

Im Januar 2016 berichteten Astronomen über kosmische Lichtquelle, die sie rätseln ließ. Denn ein vom All Sky Automated Survey for Supernovae (ASAS-SN) entdeckter Lichtblitz ließ sich in keine Kategorie einordnen. Die rund 3,8 Milliarden Lichtjahre entfernte Strahlenquelle strahlte so hell wie 570 Milliarden Sonnen und 200 Mal stärker als klassische Sternexplosionen. Dennoch war dieses Objekt wahrscheinlich kaum größer als 15 Kilometer.

Rätsel um die Ursache

Theoretisch könnte es sich dabei um die leuchtstärkste je beobachtete Supernova handeln, so die Vermutung der Astronomen. Allerdings gab es einige Merkmale, die dazu nicht passten. So kam das Licht aus dem Zentrum einer alten, elliptischen Galaxie – und damit einer Sternenansammlung, in der kaum noch Supernovae stattfinden. Zudem gab die ASASSN-15lh getaufte Strahlenquelle eigentlich zu viel Energie für eine Supernova ab.

Eine weitere mögliche Erklärung wäre die Zerstörung eines Sterns durch ein supermassereiches Schwarzes Loch. Doch ein solcher Schwerkraftgigant müsste einen Stern eigentlich mit einem „Haps“ verschlucken – ohne dass viel Energie als Licht abgegeben wird. Würde dabei trotzdem so viel Strahlung frei, wäre dies ein bisher noch nie bei einem solchen Schwarzen Loch beobachtetes Ereignis.

Hilfe von Hubble und Co

Um mehr Klarheit zu schaffen, hat ein internationales Astronomenteam nun die rätselhafte Lichtquelle und ihre Umgebung näher unter die Lupe genommen. Giorgos Leloudas vom Weizmann Institute of Science in Israel beobachteten dafür die Galaxie und auch ASASSN-15l im Laufe von zehn Monaten mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops, dem Swift-Gammastrahlen-Observatorium und einige erdbasierten Teleskopen.

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Diese Animation zeigt, wie ASASSN-15lh höchstwahrscheinlich verursacht wurde.© ESO, ESA/Hubble, M. Kornmesser

Dabei zeigte sich: Das helle Licht stammte tatsächlich direkt aus dem Herzen der elliptischen Galaxie – und damit genau von dem Ort, an dem das zentrale Schwarze Loch sitzt. Die Strahlung von ASASSN-15lh verhielt sich zudem ungewöhnlich für eine Supernova: Statt einfach nur aufzuleuchten und dann wieder abzuflauen, nahm die Strahlungsintensität im UV-Bereich erst zu, dann ab und dann wieder zu, wie die Forscher berichten.

Von rotierendem Giganten zerrissen

Nach Ansicht der Astronomen lassen ihre neuen Beobachtungen nur einen Schluss zu: Das helle Licht stammt von einem Stern, der vom supermassereichen Schwarzen Loch zerrissen wird. Ein solches Ereignis wird im Englischen als Tidal Disruption Event bezeichnet. Statt den Himmelskörper komplett zu verschlucken, zerrt dabei die gewaltige Schwerkraft des Lochs an ihm und reißt ihn unter gewaltiger Energiefreisetzung auseinander.

Ein solches Ereignis wurde bisher erst etwa zehnmal beobachtet – und noch nie bei einem so massereichen Schwarzen Loch. Denn den Berechnungen nach vereint dieser Gigant rund 100 Millionen Sonnenmassen in sich. Damit ist er eigentlich viel zu groß, um einen Stern bloß zu zerreißen – er müsste ihn ganz verschlingen.

Diese künstlerische Darstellung zeigt ein schnell rotierendes supermassereiches Schwarzes Loch, das von einer Akkretionsscheibe umgeben wird. © ESO, ESA/Hubble, M. Kornmesser

Ein echter Sonderfall

Doch es gäbe eine Lösung: Wenn das Schwarze Loch schnell rotiert, dann könnten die extremen Gezeitenkräfte dieser Rotation einen Stern auch schon weit außerhalb der „Verschluckungszone“ auseinanderreißen. Dabei würden große Mengen an Energie in Form von Strahlung frei – wie im Falle von ASASSN-15lh.

Angesichts seiner großen Entfernung wäre ASASSN-15lh dann das hellste Ereignis dieser Art, das man bisher kennt, wie die Forscher berichten. Und es wäre der erste Fall eines Sterns, den man direkt bei seinem Zerreißen durch ein supermassereiches Schwarzes Loch beobachtet hat. „Offenbar sind solche Tidal Disruption Events und die Schwarzen Löcher, die sie verursachen, vielseitiger als wir uns das bisher vorgestellt haben“, sagt Koautor Iair Arcavi von der University of California in Santa Barbara.

Allerdings: Ein Beweis dafür, dass dieses Szenatio stimmt, gibt es bisher nicht. „Selbst mit allen gesammelten Daten können wir nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass das ASASSN-15lh Ereignis ein Gezeiten-Sternzerissereignis war“, fasst Leloudas zusammen. „Aber es ist mit Abstand die wahrscheinlichste Erklärung.“ (Nature Astronomy, 2016; doi: 10.1038/s41550-016-0002)

(Nature/ Las Cumbres Observatory, 13.12.2016 – NPO)

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