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Neurobiologie

Macht das Tanzen empathischer?

Durch Bewegung und Körperhaltung ausgedrückte Gefühle werden besser erkannt

Tanzen trainiert nicht nur Körper und Geist, es sensibilisiert auch für nonverbale Gefühlssignale anderer. © Geribody/iStock.com

Tanzen macht empfänglicher für die Gefühle anderer: Wer viel tanzt, reagiert stärker auf die Stimmung, die durch Körperhaltung und Bewegung des Gegenübers ausgedrückt werden. Sogar die unbewussten Gefühlsreaktionen auf andere sind bei Tänzern verstärkt, wie eine Studie belegt. Das Tanzen könnte vielleicht sogar Autisten und anderen Menschen mit gestörter Sozialwahrnehmung helfen, empathischer zu werden.

Tanzen ist gesund: Die Kombination von Bewegung und Musik trägt auch gleich doppelte Weise dazu bei, den Kreislauf und Stoffwechsel in Schwung zu bringen und zu stärken. Gleichzeitig hebt das Tanzen die Stimmung, trainiert das Gleichgewicht und hält sogar geistig fit, wie Studien belegen. Interessanterweise trainiert sogar schon der Besuch von Tanzaufführungen unser Gehirn und unsere Muskeln aufs Tanzen – den Spiegelneuronen sei Dank.

Tanzen ohne Ton

Welche Wirkung das Tanzen auf unsere Empathie und Sensibilität gegenüber den Emotionen anderer hat, haben Julia Christensen von der City University of London und ihre Kollegen untersucht. Für ihre Studie zeigten sie 19 Ballett-Tänzern und 24 Personen ohne Tanzerfahrung kurze Videoclips von Ballett-Tanzszenen – ohne Ton.

Die Probanden sollten nur aus den Bewegungen und der Körperhaltung erraten, ob eine fröhliche oder traurige Stimmung vermittelt wurde. Gleichzeitig testeten die Forscher die unwillkürliche emotionale Reaktion der Probanden, indem sie mittels Fingerelektroden den Hautschweiß registrierten.

Stärkere Gefühlsreaktion

Das Ergebnis: Die erfahrenen Tänzer reagierten deutlich stärker auf die in Bewegung und Körperhaltung dargestellten Emotionen. Sie erkannten nicht nur bewusst die Stimmung der Szenen besser, auch ihr Körper reagierte unwillkürlich stärker auf die per Tanz vermittelten Gefühle. Zwar reagierten auch die Teilnehmer der Kontrollgruppe auf die Stimmung der Szenen, diese Reaktion fiel jedoch deutlich schwächer aus, wie die Forscher berichten.

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„Das Interessante ist, dass die Tänzer nicht nur die Gefühle besser erkannten, sondern dass ihre Körper auch empfindsamer auf die dargestellten Gefühlsregungen reagierten“, sagt Christensen. „Man könnte sogar vermuten, dass Tanzen den Menschen empathischer macht, denn scheinbar lernt man, automatisch und gleichzeitig empfindsamer auf die Ausdrücke anderer zu reagieren, dies muss jedoch noch durch Tests belegt werden.“

Ist Empathie trainierbar?

Nach Ansicht der Forscher legen diese Ergebnisse nahe, dass das Training des körperlichen Ausdrucks von Gefühlen durch den Tanz die individuelle Empfindsamkeit gegenüber den von anderen ausgedrückten Gefühlen erhöht. „Folglich deutet dies auf die interessante Möglichkeit hin, dass die neurokognitiven Mechanismen, welche Menschen einfühlsamer machen, trainiert werden können“, sagt Christensen.

Das Training durch Tanzen und Bewegungstherapie könnte beispielsweise die Behandlung von Autismus-Spektrums-Störungen unterstützen, die oft mit Problemen beim Verstehen und Interpretieren sozial-emotionaler Informationen einhergehen. (Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance, 2016)

(City University of London, 23.11.2016 – NPO)

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