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Medizin

Jugendliche: Dümmer durch Junkfood?

Fettreiche Nahrung könnte die Hirnreifung bei Heranwachsenden beeinträchtigen

Führt eine sehr fettreiche Kost in der jugend später zu geistigen Defiziten? © Monkey Business/ thinkstrock

Fett als Hirngift: Wenn Jugendliche zu viel Junkfood essen, könnte dies ihre spätere Lernfähigkeit stören. Denn die fettreiche Kost stört die Reifung wichtiger Hirnbereiche, wie Versuche mit Mäusen nahelegen. Als Folge drohen im Erwachsenenalter Defizite bei Lernprozessen, der Persönlichkeit, und der Impulskontrolle, wie Forscher im Fachmagazin „Molecular Psychiatry“ berichten.

Dass eine fetthaltige Ernährung nicht gerade gesund ist, ist nicht wirklich neu. Vor allem gesättigte Fette gelten als Dickmacher, als potenziell gefäßschädigend und sollen Asthma und Ekzeme fördern. Pizza, Hamburger und Co enthalten zudem oft mehr ungesunde Weichmacher als frisch gekochtes Essen, wie eine Studie vor kurzem ergab.

Jetzt haben Urs Meyer von der Universität Zürich und seine Kollegen eine weitere negative Folge fettreicher Ernährung entdeckt. Für ihre Studie hatten sie heranwachsende und erwachsene Mäuse entweder mit normalen Futter oder mit extrem fettreicher Kost gefüttert. In den folgenden Wochen absolvierten alle Tiere in regelmäßigen Abständen verschiedene Lern- und Verhaltenstests.

Kognitive Defizite

Das erschreckende Ergebnis: Schon nach vier Wochen beobachteten die Forschenden erste kognitive Defizite bei den Jungtieren, die fettreiche Nahrung erhielten. Diese traten auf noch ehe diese Mäuse an Gewicht zulegten. Die Tiere erkannten den zuvor gelernten Weg in einem Labryinth nicht wieder und es fiel ihnen auch schwerer, neue Dinge zu lernen, wie Meyer und seine Kollegen beobachteten.

„Wir beobachteten, dass das Arbeitsgedächtnis dieser Mäuse beeinträchtigt war, wenn sie im Y-Labyrinth den richtigen Weg wiederkennen sollten“, berichten die Forscher. „Zudem demonstrierten die Tiere Defizite in ihrer kognitiven Flexibilität.“ Bei den Mäusen, die erst als Erwachsene fettreiche Kost erhielten, zeigten sich diese Verhaltensänderungen dagegen nicht. Bei ihnen geriet allerdings der Stoffwechsel aus den Fugen: Sie verfetteten.

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Der präfrontale Cortex ist fürs Lernen, die Impulskontrolle und das Sozialvehraltne wichtig - und ist bei Heranwachsenden noch nicht ausgereift. © sbtlneet/ pixabay

Wirkung auf den präfrontalen Cortex

Wie und warum aber wirken die Fette auf das Gehirn? Klar scheint, dass das Denkorgan von Mäusen – und vermutlich auch Menschen – in der Jugend besonders anfällig für die negativen Folgen des Fettkonsums ist. Ursache dafür ist die verzögerte Reifung des präfrontalen Cortex, wie die Wissenschaftler erklären. Dieses hinter Stirn liegende Areal schließt erst im Erwachsenenalter seine Entwicklung ab.

Dadurch jedoch ist dieses Hirnareal in der Pubertät besonders anfällig für negative Umwelteinflüsse wie Stress, Infektionen – oder einseitiger, ungesunder Ernährung. Das Problem dabei: Der präfrontale Cortex ist ein entscheidendes Steuerzentrum unserer Persönlichkeit. Er ist der Sitz von Gedächtnis, Planung, Impulskontrolle und Sozialverhalten.

Wichtiges Protein gehemmt

In zusätzlichen Untersuchungen stellten die Forscher fest, dass sich der Hirnstoffwechsel bei den jugendlichen Mäusen veränderte, wenn sie längere Zeit fettreiche Kost bekamen. Zellen im präfrontalen Cortex produzierten dann weniger von einem bestimmten Protein, dem Reelin. Dieses ist für die Funktion der Synapsen und ihre Plastizität besonders wichtig – und damit auch für die Lernfähigkeit des Gehirns.

„Wir sahen, dass die Plastizität im präfrontalen Cortex gestört war, wenn die Tiere in ihrer Jugend fettreiche Kost bekommen hatten“, berichtet Koautor Pacale Chavis von der Universität Aix-Marseille. „Wenn wir aber die Reelin-Werte künstlich wieder erhöhten, normalisierten sich sowohl die Plastizität der Synapsen als auch die kognitiven Funktionen.“

Auch beim Menschen…

Nach Ansicht von Meyer und seinen Kollegen sind diese Ergebnisse durchaus auf den Menschen übertragbar: „Ähnlich wie beim Menschen reift der präfrontale Cortex bei der Maus vornehmlich in der Adoleszenz.“ Auch die Leistungen, die dieser Hirnregion zugeschrieben werden, und ihre Nervenzellstrukturen seien bei Mensch und Maus vergleichbar.

Allerdings: Das Futter der Mäuse war deutlich fettreicher als die Kost, die ein Mensch selbst durch Pizza, Hamburger und Co aufnehmen würde. „Derart fettreich essen wohl nur die wenigsten Kinder und Jugendlichen“, sagt Meyer. „Wer einmal pro Woche fettreiches Fast Food isst, wird kaum betroffen sein.“

Dennoch spricht die Studie dafür, dass sich eine ungesunde Ernährung bei Jugendlichen stärker auf die geistigen Leistungen und das Verhalten auswirken kann als bisher angenommen. Nach Ansicht der Forscher sollte man daher gerade in der Zeit der Pubertät darauf achten, was man isst. „Während der Adoleszenz sollten Kinder und Jugendliche möglichst ausgewogen und hochwertig essen“, empfiehlt Meyer. (Molecular Psychiatry, 2016; doi: 10.1038/mp.2016.193)

(ETH Zürich/ Springer Nature, 16.11.2016 – NPO)

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