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Medizin

„Superkeime“: Flughafen-Toilette als Drehkreuz

Wie gefährliche Erreger von einem Kontinent zum anderen reisen

In der Flughafen-Toilette lauern auch viele resistente "Superkeime" auf neue "Kuriere" © HG: CDC

Drehscheibe für resistente Keime: Wer auf einem Flughafen zur Toilette geht, riskiert, zum unfreiwilligen Bakterien-Kurier zu werden. Denn dort können häufig resistente „Superkeime“ lauern, wie Tests auf 136 Flughäfen in 59 Ländern ergaben. Vor allem die inneren Türklinken der Toiletten waren kontaminiert, dort fanden die Forscher oft multiresistente Bakterien, darunter den gefürchteten Krankenhauskeim MRSA.

Resistente Bakterien breiten sich immer weiter aus – und die moderne, globalisierte Gesellschaft hilft ihnen dabei. Denn längst überbrücken diese „Superkeime“ rasend schnell ganze Kontinente und Meere. Kein Wunder: Sie reisen einfach mit uns mit. Jeder fünfte Fernreisende bringt resistente ESBL-Keime mit, auch Colistin-resistente Bakterien aus Asien wurden bereits nach Deutschland eingeschleppt.

Abstriche von Klotüren

Auf welchem Wege es die Erreger es schaffen, sich so schnell über die Welt zu verbreiten, haben nun Frieder Schaumburg von der Westfälischen Universität Münster und seine Kollegen näher untersucht. Für ihre Studie nahmen sie Abstriche der inneren Türgriffe von 400 Toilettenkabinen auf 136 Flughäfen in 59 Ländern.

Warum gerade dort? „Eine Türklinke wird von einer Vielzahl an Menschen genutzt. Zudem ist sie der letzte Kontakt, den die Besucher nach dem Toilettengang haben, bevor sie sich die Hände waschen“, erklärt Schaumburg. Wie schnell sich Keime von einer Türklinke aus ausbreiten, belegte 2014 ein Experiment in einem Bürogebäude: In nur zwei Stunden wurde ein Virus von nur einer Klinke auf das gesamte Gebäude verteilt.

Durch Anzüchten auf Spezialnährmedien lassen sich Keime aus Abstrichen erkennen und identifizieren © WWU/ H. Dornhege

MRSA auf jeder 20. Klinke

Und tatsächlich: Die Toiletten auf den Flughäfen erwiesen sich auch als perfekter „Umsteigepunkt“ für resistente Bakterien. Wie Genanalysen belegen, waren die Klo-Türklinken mit einer Vielzahl von Krankheitserregern kontaminiert. In jeder 20. Probe fanden die Forscher Staphylococcus aureus, ein Bakterium, das in seiner resistenten Form MRSA ein gefürchteter Krankenhauskeim ist. Acinetobacter baumannii, ein weiterer „Superkeim“ war zu 1,3 Prozent vertreten.

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Das Brisante daran: Die MRSA-Erreger sind alles andere als harmlose Bakterien. Sie stellen eine erhebliche Gefahr für Menschen dar, denn sie können, wenn sie ins Körperinnere gelangen, zu Infektionen an verschiedensten Stellen des Körpers führen. Dabei sind diese Erreger resistent gegen die am besten wirksamen Antibiotika, wie Penicillin und verwandte Substanzen.

Drehkreuz Flughafenklo

Die Funde bestätigen die Annahme, dass Fluggäste solche „Superkeime“ von Fernreisen in ihr Heimatland mitbringen können. „Einer der gefundenen MRSA-Erreger, festgestellt in einer Probe aus Paris, war höchst ungewöhnlich für diese Region“, erläutert Schaumburgs Kollege Karsten Becker. „Hauptsächlich kommt er in Indien vor. Er muss also vom Menschen nach Paris gebracht worden sein.“

Auch wenn die gefundene Belastung der untersuchten Türklinken insgesamt gering ist: Die Ergebnisse belegen, dass international reisende Fluggäste gefährliche Erreger und sogar „Superkeimen“ erwerben und verbreiten können. Die Flughafen-Toiletten dienen den Keimen dabei als praktische Drehkreuze und Umsteigepunkte.

Bestes Mittel gegen die Erreger: Händewaschen © stux/pixabay

Händewaschen und wenig anfassen

Wie kann man sich dagegen schützen, unfreiwillig zum Keimkurier zu werden? Der beste Rat ist nicht neu, aber unvermindert wichtig: „Egal an welchem Ort beziehungsweise Örtchen: Das gründliche Händewaschen nach der Toilettenbenutzung ist ein Muss“, betont Becker. Häufiges Händewaschen ist zudem auch hierzulande der wirksamste Schutz gegen eine Erkältung oder eine Grippeinfektion.

Und noch etwas gilt für den Klogang: „Auf öffentlichen Toiletten sollte der Hautkontakt mit Oberflächen so gering wie möglich gehalten werde“, ergänzt Becker. „Die alternative Nutzung eines alkoholischen Händedesinfektionsmittels anstatt von Seife ist hier – nicht aber im normalen häuslichen Umfeld – sinnvoll.“

(Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 14.11.2016 – NPO)

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