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Geowissen

Himalaja: Eisseen lösten Sturzfluten aus

Geologen entdecken Hinweise auf dramatische Dammbrüche in tiefster Schlucht der Welt

Flusstal des Tsangpo © University of Washington

Gewaltige Eisdämme quer über die tiefste Schlucht der Erde, die des Tsangpo-Flusses in Tibet, schufen eine Gruppe von Seen im Himalaja, die als die höchst gelegenen der Welt gelten. Neue Forschungen zeigen, dass der Bruch eines solchen Eisdammes, zuletzt geschehen zwischen 600 und 900 Jahren vor Chr., massive Sturzfluten auslösen kann, die sich in das tiefer liegende Indien ergießen.

Geologische Belege deuten darauf hin, dass es im Laufe der Erdgeschichte mindestens drei, wahrscheinlich vier solcher durch Eisdämme aufgestaute Seen im Himalaja gegeben hat, so der Geologe David Montgomery von der Universität von Washington. Nach einer Datierung mittels der Radiokarbonmethode brach der jüngste, rund 230 Meter tiefe See vor 1.1000 bis 1.400 Jahren durch seinen Damm und seine Wassermassen lösten eine der größten Fluten seit der letzten Eiszeit aus.

Mit einer durchschnittliche Höhenlage von mehr als 3.000 Metern ist der Tsangpo ist der höchstgelegene Fluss der Welt, gut 150 Meter höher als der Titcaca-See in Südamerika. Er fließt zur östlichen Grenze Tibets, wendet sich dann südlich und stürzt durch eine rund 2.300 Meter tiefe Schlucht nach Indien hinab, wo er zum Brahmaputra-Fluss wird und letztendlich im Golf von Bengalen mündet.

Mehrere Male in der Geschichte des Flusses führte die Feuchtigkeit des Monsuns dazu, so die neuen Erkenntnisse, dass sich in den Gletscherregionen des Himalaja große Eisdämme bildeten, die den Fluss aufstauten, bevor er Tibet verließ. Hinweise auf die daraus resultierenden Seen fanden die Geowissenschaftler um Montgomery in waagerechten Vorsprüngen in der Wand der Tsangpo-Schlucht.

„Es ist möglich, dass das Wasser bis nahe an die Krone des Himalaja reichte. Nicht bis an die höchsten Gipfel, aber bis an die wahrscheinlich vom Eis blockierten Pässe“, so Montgomery. „Wahrscheinlich war es dort oben wie ein umwallter Eisozean.“

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Der kleinere der jetzt entdeckten vormaligen Seen bestand wahrscheinlich noch zur Zeit der chinesischen Tang-Dynastie und lag vermutlich an der Grenz zwischen China und Tibet. Als der See dann plötzlich leer lief, legte er eine große, fruchtbare Ebene im Tal frei, die heute noch als der „Brotkorb“ Tibets gilt. Bisher sind große Teile des rauen, zerklüfteten Geländes rund um die Tsangpo-Schlucht wegen ihrer Unzugänglichkeit noch kaum erforscht, so dass nach Ansicht von Montgomery durchaus noch Hinweise auf weitere katastrophale Flutereignisse aufgedeckt werden könnten. „Für den Geologen stellt sic die Frage nach der Rolle dieser großen Fluten. Sind sie verantwortlich für das Herausbilden dieser eindrucksvollen Topographie oder spielen sie hier nur eine Nebenrolle?“

(University of Washington, 16.12.2004 – NPO)

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