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Biologie

Hitze macht Frösche zu Vegetariern

Wird das Wasser wärmer, fressen Kaulquappen mehr Pflanzliches

Die Kaulquappen des Mittelmeer-Laubfroschs (Hyla meridionalis) werden bei Hitze fast zu Vollzeit-Vegetariern. © Tiago Jesus

Verschobener Speiseplan: Froschlarven passen sich auf ungewöhnliche Weise an eine Hitzeperiode an. Wird ihnen das Wasser zu warm, werden sie immer mehr zu Vegetariern. Selbst vorwiegend fleischfressende Kaulquappen fressen dann vermehrt pflanzliche Kost, wie ein Experiment belegt. Das Problem dabei: Nicht allen Froscharten tut dieser Wandel zum Vegetarier gut.

Frösche haben es nicht leicht: Sie sind durch den tödlichen Amphibienpilz gefährdet, werden durch Arzneimittel-Rückstände verweiblicht und sind zudem als Kaulquappe auch leichte Beute gefräßiger Fische. Dennoch erweisen sich die sprungstarken Amphibien immer wieder als erstaunlich anpassungsfähig.

Kaulquappen in der Hitzewelle

Ein neues Beispiel dafür sind die Kaulquappen von drei im Mittelmeerraum häufige Froscharten, dem Europäischen Laubfrosch (Hyla arborea), dem Mittelmeer-Laubfrosch (Hyla meridionalis) und dem Iberischen Scheibenzüngler (Discoglosus galganoi). Alle drei Froscharten leben in einem Gebiet, das besonders stark vom Klimawandel betroffen ist.

Deshalb haben B. M. Carreira von der Universität Lissabon und seine Kollegen untersucht, wie sich das Nahrungsspektrum dieser Kaulquappen bei einer Hitzewelle ändert. Sie setzten die Froschlarven dafür unterschiedlich langen und starken Phasen wärmeren Wassers aus und boten ihnen sowohl pflanzliche als auch tierische Nahrung an.

Trend zum Vegetarier

Es zeigte sich: Die Hitzewellen wirkten sich auf den Speiseplan der Froschlarven aus. Wurde das Wasser wärmer, fraßen die Kaulquappen aller Arten mehr pflanzliche Nahrung – sie wurden mehr und mehr zu Vegetariern. Dabei hing das Ausmaß dieser Reaktion von der Dauer und dem Zeitpunkt der Hitzewelle ab, aber auch von der Froschart.

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Auch die Kaulquappen des Europäischen Laubfroschs (Hyla arborea) fraßen bei Hitze mehr Pflanzliches. © M. Linnenbach/CC-by-sa 3.0

Der Europäische Laubfrosch änderte seinen Speiseplan vor allem bei längeren Hitzephasen und fraß dann drei Viertel pflanzliche Kost statt wie sonst nur rund die Hälfte. Der Mittelmeer-Laubfrosch wurde unter diesen Bedingungen sogar fast zum Vollzeit-Vegetarier: Er ernährte sich dann zu mehr als 90 Prozent rein pflanzlich, wie die Forscher berichten. Und selbst der normalerweise vorwiegend fleischfressende Scheibenzüngler verdoppelte seinen Anteil pflanzlicher Nahrung, wenn es im Frühjahr plötzlich ungewöhnlich warm wurde.

Nicht immer ein Vorteil

„Dies ist unseres Wissens nach die erste Studie, die Belege dafür liefert, dass ektotherme Tiere bei höheren Temperaturen vegetarischer werden“, konstatieren die Forscher. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass unter solchen Bedingungen tierische Nahrung weniger Nährstoffe liefert als pflanzliche Kost.“ Wurden die Froschlarven gezwungen, auch bei warmem Wasser rein tierische Nahrung zu fressen, ging ihre Überlebensrate deutlich zurück.

Allerdings: Der Wandel zum Vegetarier tat nicht allen Froscharten gut. Die Kaulquappen des Europäischen Laubfroschs gediehen durch diese Anpassung bei Hitze besser, beim Mittelmeer-Laubfrosch stellten die Forscher zumindest keine Nachteile fest. Anders dagegen der normalerweise eher fleischfressende Scheibenzüngler: Obwohl er sozusagen freiwillig mehr Pflanzliches fraß, beeinträchtigte dies das Überleben und die Entwicklung der Froschlarven.

Nach Ansicht der Forscher demonstriert dies zwei Dinge: Zum einen können sich Frösche durch Speiseplan-Änderungen an Hitzewellen anpassen – aber nicht allen Arten tut dies gut. Welche Folgen dies für die verschiedenen Frösche und Kröten hat, muss daher künftig genauer untersucht werden.

Zum anderen aber könnte dieser Trend zum Vegetarismus bei fortschreitender Erwärmung auch weiter reichende ökologische Auswirkungen haben. Denn wenn Kaulquappen in einem Tümpel plötzlich sehr viel mehr Algen fressen und dafür keine Krebse, Insekten oder tierisches Plankton mehr, könnte das die sensible Balance dieser Ökosysteme stören, wie Carreira und seine Kollegen betonen. (Ecology, 2016; doi: 10.1002/ecy.1541)

(FECYT – Spanish Foundation for Science and Technology, 07.11.2016 – NPO)

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