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Biologie

Gefiederte Tauchkünstler enträtselt

Warum Basstölpel eigentlich tödliche Eintauch-Geschwindigkeiten überleben

Dieser Basstölpel hält ausnahmsweise direkt im Wasser Ausschau nach Beute. Normalerweise erspähen sie Fische aus großer Höhe und tauchen dann im Sturzflug ein. © HeJä/CC-by-sa 3.0

Geniales Patent der Natur: Basstölpel stürzen sich mit eigentlich tödlichem Tempo kopfüber ins Meer. Warum sie sich trotzdem nicht das Genick brechen, haben nun Forscher aufgedeckt. Ihre Experimente mit 3D-Modellen zeigen, dass Kopfform und Halshaltung der Vögel perfekt für ihr Stoßtauchen optimiert sind. Dieses Design könnte nun auch Vorbild für technische Anwendungen werden.

Basstölpel (Morus bassanus) sind für ihre beeindruckende Jagdtechnik bekannt: Haben die gänsegroßen Meeresvögel einen Fisch im Wasser erspäht, stürzen sie sich aus gut 20 Metern Höhe kopfüber ins Wasser. Die Vögel durchstoßen dabei nahezu ungebremst die Wasseroberfläche – und das mit bis zu 100 Kilometern pro Stunde. Ein Mensch würde diesen Aufprall wahrscheinlich nicht oder nur mit schweren Verletzungen überleben.

Tauchtests mit Tölpel-Modell

Doch die Vögel überstehen dieses Stoßtauchen trotz ihres eher zarten Halses völlig unbeschadet. „Die Basstölpel sind wirklich unglaublich“, sagt Sunny Jung vom Virginia Institute of Technology. Warum das abrupte Abbremsen durch den Wasserwiderstand den Vögeln nichts anhaben kann, haben er und seine Kollegen nun erstmals genauer untersucht.

Für ihre Studie analysierten die Forscher zunächst die genaue Form von Kopf und Hals der Basstölpel und ihre Nackenmuskulatur. Dann stellten sie mittels 3D-Druck genaue Kopien des Vogelkopfes her und verbanden diese mit einem Halsmodell, das jeweils unterschiedlich flexibel und geformt war. Um die Biomechanik und Strömungsphysik beim Eintauchen zu testen, ließen sie diese Modell-Tölpel dann mit verschiedenen Geschwindigkeiten in ein Wasserbecken eintauchen.

Basstölpel beim Eintauchen ins Wasser: Er teilt es wie ein perfekter Keil. © Sunny Jung/ Virginia Tech

Kopfform und Halshaltung sind entscheidend

Das Ergebnis: Die Basstölpel schaffen es durch gleich mehrere Anpassungen, den Wasserwiderstand beim Eintauchen stark zu senken. Zum einen durch ihre Kopfform: Der lange, dünne Schnabel geht nahezu nahtlos in den schmalen Kopf über. „Diese Kopfform senkt die Reibung gegenüber der von anderen verwandten Vögeln“, sagt Jung. Kopf und Schnabel teilen das Wasser wie ein Pfeil und bieten dem Wasserwiderstand daher kaum Ansatzpunkte.

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Gleichzeitig spielt auch die Haltung und Muskelspannung des Halses eine wichtige Rolle: Kurz vor dem Eintauchen spannen die Basstölpel ihre Nackenmuskeln an und strecken dadurch ihren normalerweise leicht s-förmig gekrümmten Hals. Er bildet nun zusammen mit Schnabel und Kopf einen perfekt geraden Keil. Auch dies verringert die Reibung und verhindert, dass der fragile Hals zu stark gestaucht oder gar geknickt wird.

Perfektes Patent der Natur

Die Experimente belegen zudem, wie perfekt dieses Patent der Natur ausgeklügelt ist: Veränderten die Forscher an ihrem Modell die Kopfform oder die Neigung und Spannung des Halses nur ein wenig, endete das Stoßtauchen fatal. Der Modellvogel brach sich den Hals oder prallte so heftig auf, dass er in der Realität gestorben wäre.

Die Forscher arbeiten nun daran, die Designprinzipien der Basstölpel auch für technische Anwendungen zu kopieren. Auf Basis dieses Vorbilds aus dem Vogelreich könnten beispielsweise autonome Unterwassersensoren konstruiert werden, die einfach aus großer Höhe über dem Meer abgeworfen werden und dann unbeschadet und selbstständig eintauchen und unter Wasser Messungen durchführen. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2016; doi: 10.1073/pnas.1608628113)

(Virginia Tech, 11.10.2016 – NPO)

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