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Chemie

Atomstruktur von Nobelium aufgeklärt

Erster Blick auf Elektronenzustände im superschweren Element

Das Element Nobelium kommt in der Natur nicht vor und ist sehr kurzlebig. Daher ist die Erforschung seiner Atomstruktur entsprechend schwierig. © wavebreakmedia/ iStock.com

Passend zu den Nobelpreisen: Forscher haben erstmals den inneren Aufbau des Elements Nobelium ermittelt – des Elements, das nach Alfred Nobel benannt ist. Eine spezielle Laserspektroskopie machte das Verhalten und die Energiezustände der um den Atomkern rasenden Elektronen sichtbar. Das Besondere daran: Mit der Ordnungszahl 102 gehört das Nobelium zu den ultraschweren und sehr kurzlebigen Atomen. Bisher war es daher nie gelungen, genügend Atome für eine solche Beobachtung zu erzeugen.

Wie ein chemisches Element reagiert und welche Eigenschaften es hat, hängt vor allem vom Verhalten und Zustand seiner Elektronen ab. Sie bestimmen, welche Bindungen das Atom eingeht und durch welche Energien es ionisiert werden kann. Normalerweise bestimmen Forscher diese Energiezustände mit Hilfe der Laserspektroskopie. Die Laserfrequenzen, bei denen die Elektronen vom Grundzustand in angeregte Zustände wechseln oder ganz herausgeschleudert werden, verraten die energetischen Merkmale des Atoms.

Weißer Fleck auf der Element-Landkarte

Doch superschwere Elemente mit Ordnungszahlen jenseits der 100 entzogen sich bisher diesen Messungen. Der Grund: „Diese radioaktiven Elemente werden in Fusionsreaktionen erzeugt – in maximal wenigen Atomen pro Sekunde“, erklären Mustapha Laatiaoui vom GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung und seine Kollegen. Weil diese Atome aber sofort wieder zerfallen, bleibt kaum Zeit, um sie zu untersuchen. Und in der Natur kommen sie nicht vor.

Die Atomstruktur der Elemente jenseits des Fermiums ist daher weitgehend unbekannt – und das, obwohl gerade diese Schwergewichte unter den Atomen besonders spannend sind. Denn bei diesen Elementen rasen die Elektronen mit nahezu Lichtgeschwindigkeiten um den Atomkern, was ihnen spezielle Eigenschaften verleiht. Dennoch blieb die Region im Periodensystem jenseits der Ordnungszahl 100 bisher in dieser Beziehung ein weißer Fleck auf der Landkarte.

Kurzlebige Isotope eingefangen

Laatiaoui und seinen Kollegen ist es nun jedoch erstmals gelungen, das schwer zu fassende Nobelium dingfest zu machen. Mittels Laserspektroskopie konnten sie einzelne Atome des Elements untersuchen und verschiedene atomare Anregungszustände nachweisen. Möglich wurde dies mit einer neuentwickelten, hochempfindlichen Resonanz-Ionisations-Spektroskopie (RADRIS).

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Versuchsaufbau zur Laser-Resonanzionisationsspektroskopie an Nobelium © G. Otto/ GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung

Dafür erzeugten die Forscher zunächst das Isotop Nobelium-254, indem sie dünne Bleifolien mit Kalzium-Projektilen beschossen. Aus der Verschmelzung von Atomkernen entstanden die Nobelium-Isotope, die eine Halbwertszeit von nur 51 Sekunden besitzen. Sie wurden in einer speziellen Gaszelle isoliert und dann einer Spektroskopie unterzogen. „Der Experimentaufbau ist so sensitiv, dass für die Untersuchungen eine Erzeugungsrate von wenigen Atomen pro Sekunde ausreichend ist“, erklärt Laatiaoui.

Einblick in die Atomstruktur

Die Messungen waren erfolgreich: Den Forschern gelang es erstmals, den Übergang des Nobeliums vom Grundzustand in den angeregten Zustand zu beobachten und die dafür benötigte Energie zu bestimmen. Aus den Messungen konnten sie die Ionisierungsenergie des Nobeliums eingrenzen: Sie liegt zwischen 6,505 Elektronenvolt und 6,665 Elektronenvolt.

Die Messergebnisse der Wissenschaftler geben erstmals Einblick in die innere Struktur des Nobelium-Atoms. Denn aus ihnen lassen sich auch Informationen über die Größe und Form der jeweiligen Atomkerne gewinnen. Das erfolgreiche Experiment markiert damit das erste Mal, dass die atomare Struktur eines Transfermium-Elements mittels Laserspektroskopie bestimmt werden konnte, so die Forscher.

Die hohe Präzision, mit der die Energien der atomaren Zustände in diesen Experimenten gemessen werden können, liefert zudem die Basis für weitergehende theoretische Arbeiten und eröffnet neue Perspektiven für zukünftige Präzisionsexperimente zur Messungen atomarer und nuklearer Eigenschaften instabiler Atomkerne im Bereich der superschweren Elemente. (Nature, 2016; doi: 10.1038/nature19345)

(GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH, 04.10.2016 – NPO)

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