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Klima

Offenes Wasser um den Nordpol

Arktisches Meereis erreicht zweitkleinstes Ausmaß seit Beginn der Messungen

Das Meereis wird dünner, löchriger und die vereiste Fläche nimmt ab - eine Folge des Klimawandels © NOAA

Eisschwund am Pol: Das arktische Meereis hat in diesem Jahr die zweitkleinste Ausdehnung, die je gemessen wurde. Seine Fläche liegt bei nur noch 4,1 Millionen Quadratkilometern. Besorgniserregend auch: Noch nie gab es so viele offene Wasserflächen nahe am Nordpol wie in diesem Jahr. Nordost- und Nordwestpassage sind zudem beide zurzeit für Schiffe befahrbar. Der arktische Eisverlust setze sich somit fort, so Klimaforscher.

Jeweils im September wird Bilanz gezogen. Die Sommersaison in der Arktis geht zu Ende und das saisonale Meereis ist nahezu komplett verschwunden. Die Größe der übrig gebliebenen Eisfläche, das Septemberminimum, ist ein wichtiger Indikator für Klimaänderungen. Den bisherigen Negativrekord erreichte das arktische Meereis im Jahr 2012 mit nur noch 3,4 Millionen Quadratkilometern Resteis.

Sechs Grad wärmer

Bereits in diesem Frühjahr kündigte sich an, dass auch in diesem Jahr eine stake Eisschmelze zu erwarten ist. Das Eis war im Mittel zehn Zentimeter dünner als in den Vorjahren. „Besonders das neu gebildete, erstjährige Eis war in diesem Jahr sehr dünn, kaum dicker als einen Meter. Normalerweise ist es beinahe doppelt so dick“, sagt Christian Haas vom Alfred-Wegener-Institut (AWI).

Der Grund dafür: „Im Winter 2015/2016 war die Luft über dem arktischen Ozean in weiten Teilen mehr als sechs Grad Celsius wärmer als im langjährigen Durchschnitt“, berichtet Lars Kaleschke vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg. „Durch die höheren Temperaturen wächst das Eis im Winter weniger stark an.“

Rekordwerte schon im Frühsommer

Als Folge begann das Meereis sehr früh zu schmelzen. Im Mai und Juni war die Eisfläche rund um die Arktis dadurch kleiner als jemals zuvor. Ihre Ausdehnung lag rund 1,4 Millionen Quadratkilometer unter dem langjährigen Mittel. Auswertungen von Daten der beiden ESA-Satelliten CryoSat und SMOS ließen erkennen, dass nördlich von Alaska der sogenannte Beaufort-Wirbel das Eis ungewöhnlich früh aufbrach, bereits im April.

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Septemberminima im Vergleich. 2016 ist die Meereisfläche auf den zweitkleinsten Wert seit Beginn der Messungen geschrumpft. © Universität Hamburg

Eine neue Rekordschmelze wurde nur dadurch verhindert, dass das mehrjährige Meereis nicht so stark ausgedünnt war: „Das mehrjährige Eis war in etwa so dick wie in den Vorjahren, rund drei bis vier Meter. Dies hat den Eisverlust im Juni und Juli stark verzögert, bevor es im August aufgrund starker Winde doch noch schmolz“, erklärt Kaleschke.

Nordost- und Nordwestpassage schiffbar

Jetzt, Mitte September, hat das Meereis sein Minimum erreicht. Nach Angaben der Klimaforscher hat es mit 4,1 Millionen Quadratkilometern die zweitkleinste Ausdehnung seit Beginn der Satellitenmessungen. „Dies ist erneut ein massiver Eisverlust in der Arktis“, sagt Lars Kaleschke. „Der Rückzug des arktischen Meereises ist ein deutlicher Hinweis, dass die globale Erwärmung ungebremst fortschreitet.“

Ebenfalls ungewöhnlich: Auch ganz zentral in der Nähe des Nordpols zeigt das Meereis in diesem Jahr viele offene Wasserflächen. Seit Ende August 2016 sind zudem die Nordost- und die Nordwestpassage in der Arktis wieder offen. Die südliche Route der Nordwestpassage wurde in diesen Wochen sogar von Yachten und einem Kreuzfahrtschiff durchfahren. Beide Schiffspassagen waren erstmals im Jahr 2008 gleichzeitig passierbar.

Das Meereis der Arktis gilt als kritisches Element im Klimageschehen und als Frühwarnsystem für die globale Erwärmung. In den 1970er und 1980er Jahren lagen die sommerlichen Minimumwerte noch bei durchschnittlich rund sieben Millionen Quadratkilometern.

(Universität Hamburg, 14.09.2016 – NPO)

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