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Genetik

Die “Genwüste” lebt

Teile der vermeintlich nutzlosen “Junk-DNA” wichtig für Genregulation

“Die Wüste lebt” – das gilt nicht nur für die Sand- und Geröllwüsten der Erde, sondern auch für die so genannten „Genwüsten“ in unserer DNA. Wie amerikanische Forscher jetzt herausfanden, herrscht auch in diesen vormals als „tot“ erachteten Erbgutbereichen große Betriebsamkeit. Man muss nur wissen, wo man sie findet…

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Die so genannten Genwüsten sind lange Sequenzen im menschlichen Erbgut, die zwischen den Genen liegen und bislang als „Junk-DNA“ und bloßes Füllwerk betrachtet wurden. Doch Wissenschaftler des amerikanischen Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) und des Genome Institute (JGI) haben nun entdeckt, dass viele dies nicht-kodierenden Segmente tatsächlich sogar eine wichtige Rolle in der Regulation der Genaktivität spielen.

Schon im letzten Jahr hatten die Forscher gezeigt, dass Genwüsten DNA-Sequenzen enthalten, die andere Gene an oder abschalten können und dies über große Distanzen im DNA-Molekül hinweg. Paradoxerweise gelang es den gleichen Wissenschaftlern kurz darauf, gewaltige Stücke dieser „Junk-DNA“ aus dem Genom von Mäusen zu entfernen – sozusagen ganze Kapitel aus dem Buch des Lebens herauszureißen – und dennoch gediehen die aus diesen Keimzellen wachsenden Mäuse scheinbar ohne irgendwelche negativen Folgen. Spannend wurde dieses Ergebnis durch die Tatsache, dass viele der entfernten Genwüsten bei Maus und Mensch identisch sind.

Zwei Arten von Genwüsten entdeckt

Doch wie war dieser Widerspruch zu erklären? Ist die „Junk-DNA“ nun nützlich und wichtig oder entbehrlich? Um dieses Paradox aufzulösen und um möglicherweise kritische Segmente innerhalb der Genwüsten besser identifizieren zu können, entwickelten die Forscher neue Computerprogramme, die genregulierende Sequenzen durch den Vergleich der Genome verschiedener Arten herausfiltern können.

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Als die Wissenschaftler mithilfe dieser Methode das menschliche Genom mit dem erst kürzlich entzifferten Hühnergenom verglichen, entdeckten sie, dass die Genwüsten sich in zwei deutlich unterscheidbare Kategorien unterteilen: Solche, die im Laufe der Evolution relativ stabil geblieben sind und solche, die erheblichen Veränderungen durchgemacht haben.

Stabile „Wüsten“ schützen, instabile sind unnütz

Ivan Ovcharenko, Bioinformatiker am LLNL und Leiter der Studie, erklärt, dass die stabilen „Wüstenregionen“, die einer Umorganisation widerstehen und sich durch wiederholte „Junk-DNA“-Sequenzen schützen, einen überraschend große Anzahl von nicht-kodierenden regulatorischen Elementen enthalten. „Es gibt viele Hinweise darauf, dass stabile Genwüsten eine Art Schatztruhen multipler Genregulationslemente sind, die die komplexe Funktion der benachbarten Gene schützen“, so der Forscher.

Die veränderlichen Genabschnitte hingegen, die etwa zwei Drittel der Genwüsten ausmachen und nahezu 20 Prozent des gesamten Genoms umfassen, „könnten tatsächlich ohne jede biologische Funktion sein und deuten so darauf hin, dass ein erheblicher Anteil des Erbguts nicht essenziell ist.“

“Diese Information ist sehr wichtig für Forscher, die nach krankheitsauslösenden Mutationen Ausschau halten”, erklärt Ovcharenko. „Denn es zeigt große Berteiche des Genoms auf, die wahrscheinlich nicht an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sein können.“

(Lawrence Livermore National Laboratory, 10.12.2004 – NPO)

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