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Technik

Der Quantencomputer wird programmierbar

Rechner aus fünf Ionen kann ohne Umbauten verschiedene Aufgaben abarbeiten

Gezielte Laserpulse beeinflussen den Quantenzustand der Ionen und konfigurieren sie so zu verschiedenen logischen Gattern. © Emily Edwards

Flexible Verdrahtung: Erstmals haben Forscher einen Quantencomputer entwickelt, der frei programmierbar ist. Mittels Laserpulsen lassen sich die Ionen dieses Teilchenrechners so rekonfigurieren, dass der Computer unterschiedliche Aufgaben abarbeiten kann. In einem ersten Test absolvierte der Quantencomputer bereits erfolgreich drei verschiedene Algorithmen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Damit könnte ein weiterer Schritt hin zu einem universellen Quantenrechner gelungen sein.

Quantencomputer können enorme Datenmengen gleichzeitig verarbeiten und gelten daher als die Rechner der Zukunft. Bisher allerdings haben sie ein Manko: Bisherige Teilchen-Rechner können jeweils nur eine Art von Rechenoperationen durchführen. Sie sind sozusagen hart verdrahtet, ihr Aufbau bestimmt, ob sie beispielsweise Zahlen in Primfaktoren zerlegen, ein sogenanntes CNOT-Gate darstellen oder sogar die spontane Entstehung von Teilchen aus dem Vakuum nachstellen.

Jetzt jedoch haben Shantanu Debnath von der University of Maryland und seine Kollegen in dieser Hinsicht einen Durchbruch geschafft: Sie haben einen Quantencomputer entwickelt, der sich auf unterschiedliche Aufgaben programmieren lässt – ohne aufwändige Umbauten. Der Grundaufbau des neuen Quantencomputers besteht aus fünf Ytterbium-Ionen, die im elektromagnetischen Feld einer sogenannten Paul-Falle gefangen sind und durch Laserpulse kontrolliert werden.

Umprogrammiert mit Laserpulsen

Die gefangenen Ionen fungieren als Qubits – als die fundamentale Recheneinheit des Quantencomputers. Um mit ihnen logische Operationen durchzuführen, wird ihr Energiezustand mittels Laserstrahl so manipuliert, dass Paare dieser Qubits miteinander in Verbindung treten und dadurch logische Gates bilden. Die Forscher hatten dafür vorab ermittelt, welche Gates durch welche Sequenzen von Laserpulsen umsetzbar sind.

Fünf Ytterbium-Ionen in einer Falle - sie bilden die Basis für den programmierbaren Quantencomputer. © E. Edwards/ JQI

„Indem wir einen Algorithmus auf eine Serie von Laserpulsen herunterbrechen, die die entsprechenden Ionen manipulieren, können wir die Verdrahtung zwischen diesen Qubits von außen rekonfigurieren“, erklärt Debnath. Mit den Laserpulsen verschränken die Forscher beliebige Paare von Qubits und können den Quantencomputer so beliebige Algorithmen umsetzen lassen. „Keine andere Quantencomputer-Architektur hat eine solche Flexibilität“, so Debnath.

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Drei Algorithmen als Test

In einem ersten Test ließen die Wissenschaftler ihren Ionenrechner drei gängige Quanten-Algorithmen umsetzen, den Deutsch-Jozsa- und den Bernstein-Vazirani-Algorithmus, sowie die Quanten-Fourier-Transformation. Mit den ersten beiden lässt sich eine normalerweise mehrschrittige mathematische Berechnung in einem einzigen Schritt absolvieren, die Fourier-Transformation ist eine Schlüsselkomponente unter anderem der Quanten-Kryptografie.

Für diese Rechenoperationen müssen bis zu 80 logische Gatter in bestimmter Reihenfolge und Verschaltung hintereinander umgesetzt werden. Doch wie sich zeigte, absolvierte der Quantencomputer diese Aufgaben mit relativ hoher Verlässlichkeit: Zwei der Algorithmen löste er mit mehr als 90 Prozent Genauigkeit, bei der Quanten-Fourier-Transformation lag seine Korrektheit zwischen 60 und 80 Prozent, wie die Forscher berichten.

Ihrer Ansicht nach lässt sich dies aber noch optimieren: Ein Großteil der bisherigen Fehlerquote beruht ihren Angaben nach auf Störrauschen in den Laserstrahlen und auf unerwünschten Kreuzeffekten der Laserpulse auf benachbarte Ionen. Beides sei aber durch Modifikationen der Falle und der Laser minimierbar, so Debnath und seine Kollegen.

Skalieren ließe sich dieser Quantencomputer, indem man viele Ionenfallen zusammenschaltet - wie, muss allerdings erst noch getestet werden. © E. Edwards/ JQI

Wie geht es weiter?

Allerdings: Bisher besteht der Quantencomputer der Forscher nur aus fünf Ionen – und damit haben sie auch schon fast die Obergrenze der in einer solchen Ionenfalle haltbaren Teilchen erreicht. Um die Kapazität eines solchen Quantencomputers zu erhöhen, müsste man künftig daher mehrere solcher Fallen miteinander koppeln oder einen Weg finden, Ionen in verschiedenen Fallen miteinander interagieren zu lassen.

„Noch ist es ein weiter Weg, bis Quantencomputer ihr volles Potenzial erreichen“, betont daher auch Stephen Bartlett von der University of Sydney in einem begleitenden Kommentar. Dennoch sieht er im programmierbaren Ionenfallen-Computer von Debnath und Co einen Meilenstein der Quantentechnik. Denn er demonstriere, dass mehrere Qubits zusammen für komplexere Algorithmen eingesetzt werden können – und das zudem flexibel. (Nature, 2016; doi: 10.1038/nature18648)

(Nature/ Joint Quantum Institute, 04.08.2016 – NPO)

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