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Medizin

Schiffsabgase beeinträchtigen Immunabwehr

Nanopartikel aus Schweröl- und Dieselkraftstoff schädigen Makrophagen

Abgasfahne einer auslaufenden Schnellfähre in Norwegen. © Ursula Horn/ CC-by-sa 3.0

Schwere Folgen: Die Schadstoffemissionen der Schifffahrt schaden nicht nur unserer Lunge, sie beeinträchtigen auch wichtige Akteure unseres Immunsystems – die Fresszellen. Im Experiment erwiesen sich vor allem die Nanopartikel aus den Abgasen als tödlich für die Makropagen. Wichtiger als das Verbot von Schweröl wäre daher aus Sicht der Forscher die konsequente Einführung von Partikelfiltern in der Schifffahrt.

Schiffe wie Frachter und Luxusdampfer sind zwar nützlich, können aber auch enorme Drecksschleudern sein. Bei der Verbrennung von Schweröl- und Destillatkraftstoff (Diesel) entstehen jede Menge Schadstoffe, darunter Schwefeloxide, Stickoxide, Kohlenstoffdioxid, Rußpartikel und Feinstaub. Diese tragen wiederum einen großen Teil zur Umweltverschmutzung bei. Die entstehenden Ruß- und Feinstaubpartikel sind zudem gesundheitsschädlich und der Grund für Krankheiten wie einer chronisch obstruktiven Bronchitis (COPD) sowie Lungenkrebs.

Makrophagen reagieren empfindlich

Ralf Zimmermann vom Helmholtz Zentrum München hat mit seinem Team die Folgen dieser Emissionen genauer untersucht und dabei festgestellt, dass auch die Makrophagen unserer Immunabwehr von den Schiffs-Schadstoffen beeinträchtigt werden.

„Makrophagen sind als Fresszellen des Immunsystems bekannt und reagieren empfindlicher auf in der Lunge abgeschiedene Partikel als Lungenepithelzellen, da sie sozusagen die ‚first line of response‘ zur Bekämpfung von in die Lunge eingedrungenen Fremdkörpern wie Keimen oder eben auch Feinstaubpartikeln darstellen“, erklärt Zimmermanns Kollege, Sean Sapcariu.

Makrophage (Fresszelle) © Dr. Timothy Triche / National Cancer Institute

Giftwirkung durch Nanopartikel

Für ihre Studie hatten die Forscher einen zu Testzwecken in einer Halle installierten Schiffsdiesel mit Schweröl oder Diesel betankt und die Schadstoffbelastung der ausgestoßenen Abgase gemessen. Einen Teil dieser Abgase fingen sie auf und leiteten sie in einer 1:40- oder 1:100-fachen Verdünnung in verschiedene Zellkulturen ein, um so deren Wirkung auf das Überleben und den Stoffwechsel verschiedener Zelltypen zu untersuchen.

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Das Ergebnis: Schon nach vier Stunden der Exposition starben die ersten Makrophagen in den Zellkulturen ab. Als die Forscher jedoch die Schiffsabgase durch einen Feinpartikelfilter einleiteten, änderte sich dies: „Wenn die Zellen nur den Gasen ausgesetzt waren, sank die Toxizität deutlich ab“, berichten Zimmermann und seine Kollegen. „Das spricht dafür, dass die negativen Effekte der Schiffsabgase auf die Makrophagen vor allem auf die im Abgas enthaltenen Nanopartikel zurückzuführen sind.“

Unterschied zwischen Schweröl- und Dieselkraftstoff

Bei ihren Untersuchungen stellten die Forscher zudem einen Unterschied zwischen den Emissionen von Schweröl und Diesel fest: Während die Feinstaubpartikel aus Schwerölemissionen einen stärkeren Einfluss auf das Entstehen von Entzündungsreaktionen hatten, riefen die vom Diesel freigesetzten Schadstoffe starke zellbiologische Effekte hervor. Es wurden unter anderem die DNA-, RNA- und Proteinsynthese beeinflusst.

Auch bei den toxischen Effekten auf die Makrophagen gab es kleine Unterschiede. Die negativen Auswirkungen auf die Zellen sind, laut Zimmermann, überraschenderweise bei den Schwerölemissionen etwas geringer, obwohl die Schadstoffkonzentration wesentlich höher ist als bei den Dieselabgasen. „Der zurzeit propagierte und teilweise schon umgesetzte Verzicht auf Schweröl in der küstennahen Schifffahrt bringt für den Gesundheitsschutz der Menschen in den Küstengebieten daher wahrscheinlich weniger als erwartet“, so Zimmermann.

Er erklärt, dass die sicherste Maßnahme, um sich gegen diese Auswirkungen zu schützen, die Einführung von Abgaspartikelabscheidern in der Schifffahrt wäre. Diese würden die schädlichen Partikel aus der Luft herausfiltern und die Folgen reduzieren. (Sapcariu, 2016; target=_blank“> doi: 10.1371/journal.pone.0157964)

(Helmholtz Zentrum München, 13.07.2016 – TKR)

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