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Neurobiologie

Kreatives Tun senkt Stress auch bei Unbegabten

Messbar sinkende Stresshormon-Werte schon nach 45 Minuten der künstlerischen Betätigung

Es muss kein Meisterwekr sein: Auch unbegabte können durch kreatives Tun ihren Stress mindern © Girija Kaimal

Ob Strichmännchen oder kunstfertiges Meisterwerk: Wer sich künstlerisch betätigt, tut etwas gegen seinen Stress. Denn schon eine Dreiviertelstunde malen, modellieren oder Kollagen erstellen senkt den Wert der Stresshormone im Blut deutlich, wie eine Studie ergab. Ob jemand dabei begabt ist, über Vorerfahrungen verfügt oder nicht, ist für den stresssenkenden Effekt egal – das kreative Tun wirkt trotzdem.

Kunst als Ausdruck unserer Kreativität ist wahrscheinlich schon so alt wie die Menschheit. Schon unsere Vorfahren in der Steinzeit drückten ihre Erfahrungen, Gefühle und ihren Glauben über Felsmalereien und Ritzzeichnungen aus und bis heute sind Malerei und andere bildende Künste fester Bestandteile nahezu aller Kulturen.

Wirkung auf die Stresshormone

Doch das Malen, Formen, Kneten oder auch Schnitzen ist mehr als nur kreatives Ventil: Es wirkt auch auf unseren Körper. Erfahrungen mit Kunsttherapie in der Medizin belegen, dass Kunst ähnlich wie beispielsweise das Singen im Chor beruhigend, angstlösend und heilungsfördernd wirken kann. Studien bei Krebspatienten zeigten bereits, dass Beides das Niveau der Stresshormone absenkt.

Ob dieser Effekt unabhängig davon ist, wie gut oder wie erfahren jemand in künstlerischer Hinsicht ist, haben nun Girija Kaimal von der Drexel University in Philadelphia und ihre Kollegen untersucht. Dafür baten sie 39 Teilnehmer zwischen 18 und 59 Jahren, 45 Minuten lang kreativ zu werden – je nach Wunsch mit Stiften, Ton und Collagematerialien. Davor und danach nahmen die Forscher von den Probanden Speichelproben, um den Wert des Stresshormons Cortisols zu bestimmen.

Ob gegenständlich oder abstrakt, mit Stiften, Knete, Ton oder Fotoschnipseln ist egal - Hauptsache man betätigt sich kreativ. © Girija Kaimal

Auf Erfahrung und Begabung kommt es nicht an

Das Ergebnis: Schon nach 45 Minuten der künstlerischen Betätigung sank der Cortisol-Wert bei 75 Prozent der Probanden deutlich ab – und das unabhängig davon, wie erfahren oder begabt die Teilnehmer in künstlerischer Hinsicht waren. Dieser Effekt spiegelte sich auch in den Befragungen zum Befinden wider: „Es war sehr entspannend, schon nach fünf Minuten war ich weniger angespannt und ängstlich“, berichtete eine Teilnehmerin.

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„Ich hatte erwartet, dass die Effekte vielleicht bei Menschen mit Vorerfahrungen vielleicht stärker sind“, sagt Kaimal. Aber das war nicht der Fall. Von der stresslösenden Wirkung des Malens oder sonstiger Kunstaktivitäten profitieren demnach auch diejenigen, die nur Strichmännchen oder Farbkleckse produzieren – vorausgesetzt sie lassen sich auf das kreative Tun ein.

„Das ist die Kernidee der Kunsttherapie“, erklärt Kaimal. „Jeder ist kreativ und kann sich den bildenden Künsten ausdrücken, wenn er in einer unterstützenden Umgebung ist.“

Jüngere profitieren mehr

Interessanterweise sanken die Cortisol-Werte bei den jüngeren Probanden im Schnitt etwas mehr als bei den älteren. „Das könnte daran liegen, dass ältere Menschen durch ihre Lebenserfahrung und ihr Alter schon von vornherein mehr Strategien zur Stressbewältigung entwickelt haben“, erklärt Kaimal. „Jüngere müssen das teilweise erst noch lernen.“

Nach Ansicht der Forscher spricht dies dafür, dass gerade Studenten im Prüfungsstress oder sogar Schüler von einer Kunsttherapie oder einfach nur regelmäßigem Malen, Collagieren oder Modellieren profitieren könnten. (Art Therapy, 2016; doi: 10.1080/07421656.2016.1166832)

(Drexel University, 16.06.2016 – NPO)

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