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Mikrobiologie

Mikroben auf dem Eis heizen Gletschern ein

Biofilm in dunklen Staubansammlungen fördert das Abschmelzen des Gletschereises

Blick in eine Probe von einem Kryokonit: Freilebende Bakterien (grün) und solche, die an fadenförmige Cynobakterien (violett) angeheftet sind. © Heidi Smith

Mikroben als Abtauhelfer: Bakterien könnten beim Abschmelzen von Gletschern eine wichtigere Rolle spielen als bisher angenommen. Dort, wo Staub auf den Gletscher geweht wird oder sich ablagert, bilden die Mikroben schnell florierende Biofilme. Das jedoch erhöht die Menge dunklen organischen Materials auf dem Eis und fördert damit die Erwärmung durch absorbiertes Sonnenlicht.

Nahezu weltweit schmelzen durch den Klimawandel die Gletscher. Neben den steigenden Temperaturen fördern Schmelzwassertümpel auf der Eisoberfläche, subglaziale Seen, ein weicher Untergrund und die Ablagerung von Ruß und Verunreinigungen auf der Gletscheroberfläche das Abtauen der Eisreisen.

Dunkle Flecken auf dem Eis

Die vom Wind auf das Eis gewehten Staubansammlungen, sogenannten Kryokonite, machen den Gletscher dunkler, heizen sich in der Sonne auf und schmelzen dadurch das darunterliegende Eis. Dadurch bilden sich teilweise kreisrunde Löcher im Gletscher. „Es ist so ähnlich wie ein Stein auf einem Gletscher, der sich in der Sonne aufheizt und das umliegende Eis schmilzt“, erklärt Christine Foreman von der Montana State University.

Welche Rolle Mikroben für diese runden Staubansammlungen spielen, hat nun ihre Kollegin Heidi Smith gemeinsam mit weiteren Forschern untersucht. Denn bisher weiß man nur wenig über die Rolle, die Mikroorganismen für die biogeochemischen Kreisläufe in Gletschersystemen spielen. Für ihre Studie untersuchte Smith die Lebenswelt von Kryokoniten in der Antarktis.

Aktiver Biofilm

Dabei zeigte sich: Die Kryokonite sind echte Hotspots biologischer Aktivität. Dort, wo sich erster Staub auf einem Gletscher ansammelt, bilden auch schnell Bakterienkolonien ihre Biofilme. „An den Kryokonitteilchen fanden wir eine vielfältige mikrobielle Gemeinschaft“, sagt Mitautor Marcel Kuypers vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. Neben verschiedenen Bakterienarten waren auch Fotosynthese treibende Mikroalgen Teil dieser Gemeinschaft.

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Wie die Forscher herausfanden, sorgt die Struktur der Mineralkörnchen im Staub dafür, dass die Mikroben in diesen Ansammlungen besonders günstige Bedingungen vorfinden. Ihre Aktivität in den Biofilmen daher führt dazu, dass immer mehr organisches Material gebildet wird. Der effiziente nährstoffaustausch lässt die Kryokonite wachsen und macht sie auch dunkler.

Für das Gletschereis hat dies negative Folgen: „Das verringert die Reflektion von Sonnenlicht, der Gletscher schmilzt schneller“, erklärt Smith. Der herangewehte oder abgelagerte Staub fördert demnach zunächst die Ansiedlung von Mikroben, diese wiederum heizen dem Gletscher zusätzlich ein. „Bakterien sind für das freie Auge unsichtbar. Das macht es manchmal schwer, ihre Bedeutung zu erkennen“, sagt Smith. (NPJ Biofilms and Microbiomes, 2016; doi: 10.1038/npjbiofilms.2016.8)

(Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie, 15.06.2016 – NPO)

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