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Ökologie

Gerüche toter Korallenriffe stören Babyfische beim Lernen

Jungtiere erkennen Fressfeinde nicht mehr

Toter Lebensraum: Das Korallensterben hat für viele Fischarten fatale Folgen © Mark McCormick

Irritierende Gerüche: In der Umgebung toter Korallenriffe erkennen junge Ambon-Demoiselle-Fische keine Feinde. Wer Freund und wer Feind ist, lernen die Jungtiere normalerweise durch chemische Alarmsignale von verletzten Artgenossen – diese verknüpfen sie dann mit dem Geruch des Feindes und merken ihn sich für die Zukunft. Doch tote Riffe stören diesen Lernprozess, wie Forscher berichten. Vermutlich überdecken die Gerüche der toten Korallen wichtige Duftsignale.

Korallenriffe gehören zu den artenreichsten Ökosystemen auf unserem Planeten und bieten Tausenden verschiedenen Lebewesen eine Heimat. Doch die einzigartigen Unterwasser-Paradiese sind weltweit bedroht. Ökologischer Stress wie steigende Wassertemperaturen, die Versauerung und die Verschmutzung der Ozeane machen den Korallenriffen zu schaffen – auch das größte Korallenriff der Welt, das Great Barrier Reef in Australien, steht kurz vor dem Kollaps.

Diese drastischen Veränderungen beeinflussen auch die Tiere, die im Umfeld der Korallenriffe leben. Mit dem Absterben der Korallen gehen nicht nur sichere Kinderstuben für Fische und andere Meerestiere verloren. Wissenschaftler um Mark McCormick von der James Cook University im australischen Townsville haben nun herausgefunden, dass auch überlebenswichtige Lernprozesse kleiner Fische dadurch gestört werden.

Neue Gerüche überdecken Alarmsignale

Für ihre Studie beobachteten die Forscher das Verhalten junger Ambon-Demoiselle-Fische am Great Barrier Reef. „Die Babyfische lernen normalerweise neue Fressfeinde kennen, indem sie sich chemische Alarmsignale merken, die verletzte Artgenossen aussenden“, erklärt McCormick. „Dieses Signal verknüpfen sie dann mit dem Geruch oder dem Aussehen des verantwortlichen Jägers – und lernen auf diese Weise, welche Individuen gefährlich sind und in Zukunft gemieden werden sollten.“

Was an lebenden Korallenriffen gut funktioniert, scheint an toten Riffen jedoch nicht mehr zu klappen. Das Team konnte beobachten, dass dort lebende Jungtiere nicht auf feindliche Signale reagierten und diese nicht zu lernen schienen. Doch woran liegt das? „Wenn Korallen absterben und von Algen bewachsen werden, ändert sich wahrscheinlich die Geruchsumgebung so drastisch, dass das die Lernmechanismen der Fische beeinflusst“, vermuten die Wissenschaftler. Womöglich überdeckten die starken Gerüche die dafür wichtigen Duftsignale.

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Gefahr für die Artenvielfalt

Interessanterweise lassen sich jedoch offensichtlich nicht alle Fischarten gleichermaßen von den neuen Gerüchen irritieren. Eine mit der Ambon-Demoiselle verwandte Riffbarschart reagierte auch an toten Korallenriffen zuverlässig auf Feinde. „Neon-Demoiselle-Jungtiere lernten in beiden Umgebungen gleich gut“, berichten McCormick und seine Kollegen.

Warum manche Arten sich an den Zerfall der Lebensräume anpassen können und andere nicht – das zu verstehen könnte für den Erhalt der Artenvielfalt von großer Bedeutung sein. „Wenn bestimmte Arten durch das Sterben der Korallen Fressfeinde nicht mehr erkennen, könnten viele Arten daran zugrunde gehen“, warnen die Wissenschaftler. Darüber hinaus seien etliche Rifffische auf Lebensräume spezialisiert, die nur gesunde Korallenriffe bieten können. (Proceedings of the Royal Society B, 2016; doi: 10.1098/rspb.2016.0441)

(Uppsala University, 11.05.2016 – DAL)

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