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Genetik

Erbgut: Reparaturenzyme verhindern „Sonnenschaden“

Wie Mutationen entstehen und wieder entfernt werden

Die DNA enthält die Erbinformation eines jeden Organismus. Durch innere und äußere Einflüsse können jedoch Schäden entstehen. Dann stimmt die Abfolge der DNA-Bausteine nicht mehr und die Erbinformation kann nicht mehr oder nicht mehr korrekt abgelesen werden. „Diese Schäden, rund 50.000 pro Tag und Zelle, müssen effizient korrigiert werden“, erläutert Professor Thomas Carell von der Universität München.

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Er und seine Mitarbeiter haben nun in zwei Studien gezeigt, wie Reparaturenzyme diese Schäden aufspüren, und wie an der Zellteilung beteiligte Enzyme, die Polymerasen, die DNA-Schäden überlesen und so Mutationen erzeugen. Sie berichten über ihre Ergebnisse in den aktuellen Ausgaben der Wissenschaftsmagazine Science und Nature.

„Unser Genom wird durch innere und äußere Einflüsse ständig geschädigt“, so Carell. „Von außen führt unter anderem die UV- Strahlung als immerwährender Begleiter der Sonnenstrahlung zur Bildung von DNA-Schäden an den Bausteinen Thymidin und Cytidin.“ Derartige Sonnenlichtschäden sind zum Beispiel an der Entstehung des Sonnenbrandes beteiligt und auch für die Entwicklung von Hautkrebs verantwortlich.

“Geknickte“ DNA

Aber nicht nur von außen wird die DNA angegriffen. „Zu den inneren Faktoren gehört die zelluläre Atmung, in deren Folge reaktive Sauerstoffradikale gebildet werden“, berichtet Carell. „Sie zersetzen vor allem die Bausteine Guanidin und Adenosin.“ Besonders dramatisch wirken sich DNA-Schäden während der Zellteilung aus, wenn das Genom mit Hilfe der DNA-Polymerasen kopiert wird. Diese Enzyme stoppen, wenn sie eine fehlerhafte Base vorfinden, was oft zum Zelltod führt.

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Übersehen sie den Schaden aber, lesen sie eine fehlerhafte DNA-Sequenz ab, was zu einer Mutation führt. Diese Mutationen sind es, die in manchen Fällen zu unkontrolliertem Wachstum der Zelle und damit zur Entstehung von Krebs führen können. Allerdings gibt es in jeder Zelle Reparaturenzyme, die diese Fehler der Polymerasen erkennen und in einem mehrstufigen Prozess korrigieren.

Die Wissenschaftler entschlüsselten in ihrer Studie die Kristallstruktur des Reparaturenzyms DNA-Photolyase im Komplex mit einem DNA-Doppelstrang, der einen Sonnenlichtschaden enthält. „Wir konnten zeigen, dass das Reparaturenzym die DNA an der Schadenstelle um etwa 50 Grad knickt und den gesamten Schaden aus der Doppelhelix herausstülpt“, berichtet Carell. „So kann das Enzym die schadhafte Stelle lokalisieren und den Schaden isolieren. Anschließend findet in einer komplexen biochemischen Reaktion die Reparatur statt.“

Chemische Synthese erfolgreich

Der Durchbruch gelang dem Münchner Team vor Gruppen aus Japan und den USA dank chemischer Synthese. Arbeiten über den Prozess der DNA-Reparatur waren bislang schwer auszuführen, weil dazu DNA mit einem spezifischen Schaden an einer definierten Stelle nötig ist. Die Münchner Forscher gewannen den Wettlauf gegen Gruppen aus Japan und den USA, weil sie neue Methoden entwickelten, um derartige DNA-Stränge im Labor zu synthetisieren. Zusammen mit den dazugehörigen Proteinen konnte dann ein Komplex gebildet werden, dessen Struktur Proteinkristallographen an der Universität Marburg aufklären konnten.

Dank entsprechender Methodik konnte das Team um Carell auch DNA-Stränge herstellen, die hochmutagene oxidative DNA-Schäden enthalten. Wie vor kurzem in Nature berichtet, zeigten die Forscher in Zusammenarbeit mit US-amerikanischen Kollegen von der Duke University, warum diese Schäden so mutagen sind. Die US-Wissenschaftler kristallisierten eine Genom kopierende DNA-Polymerase in aktiver Form, so dass der Genomkopierprozess verfolgt werden konnte. In Gemeinschaftsarbeit wurde die Polymerase mit DNA versetzt, die an einer definierten Stelle einen hochmutagenen Schaden hat.

„Schritt für Schritt konnten wir verfolgen wie die Polymerase den Schaden zunächst einfädelt und in ihrem aktiven Zentrum positioniert“, berichtet Carell. „Wir waren sprachlos, als wir sahen, dass das Enzym ganz unerwartet nicht stoppte, sondern den Schaden um 180 Grad drehte, um dann unter Einbau eines falschen Bausteins weiterzuarbeiten.“

(idw – Universität München, 03.12.2004 – DLO)

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