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Medizin

Frühkindliche Infekte erhöhen Diabetes-Risiko

Die ersten sechs Lebensmonate sind besonders entscheidend

Infektionen in den ersten sechs Lebensmonaten scheinen sich besonder stark auszuwirken. © Vanessa Gallagher / freeimages

Infekt als Vorbote? Erkranken Kinder im ersten Lebens-Halbjahr an einer Erkältung, dann kann das ihr Risiko für Diabetes Typ-1 erhöhen. Darauf deutet eine Studie an 300.000 bayrischen Kindern hin. Vor allem ein früher Virus-Infekt steigert demnach die Wahrscheinlichkeit für einen Ausbruch der Autoimmun-Krankheit, wie die Forscher im Fachmagazin „JAMA“ berichten. Wie genau Infektion und Diabetes zusammenhängen, muss aber noch geklärt werden.

Diabetes ist nicht gleich Diabetes: Während beim häufigeren Typ 2 die Lebensweise und vor allem Übergewicht und ungesunde Ernährung als Mitauslöser gelten, ist der Typ-1-Diabetes eine Autoimmunkrankheit. Diese Form der Zuckerkrankheit manifestiert sich daher oft schon im Kindesalter. Bei diesem Typ greift das Immunsystem des Körpers die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse an. Dadurch werden diese nach und nach zerstört.

Welche Rolle spielen frühe Infekte?

Warum jedoch einige Kinder einen Diabetes Typ-1 entwickeln, ist bisher nur in Ansätzen bekannt. Klar scheint, dass die genetische Veranlagung eine wichtige Rolle spielt, denn es gibt familiäre Häufungen dieser Erkrankung. Wie jedoch Genetik und Umweltfaktoren zusammenspielen, ist weitgehend unklar.

Anette-Gabriele Ziegler vom Helmholtz Zentrum München und ihre Kollegen haben nun jedoch einen Faktor ausfindig gemacht, der den Ausbruch eines Diabetes Typ-1 im Kindesalter zumindest wahrscheinlicher macht. Für ihre Studie haben sie anhand der Daten von fast 300.00 Kindern aus Bayern untersucht, ob und wie Infektionen im ersten Lebensjahr das Diabetesrisiko der Kinder beeinflussen.

Bei Diabetes Typ 1 greift das Immunsystem die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse an. © rotorhead/ freeimages

Doppeltes Risiko bei zwei Infekten

Das Ergebnis: Die Kinder, die schon in ihren ersten Lebensmonaten eine Erkältung oder andere Atemwegserkrankung durchlebten, entwickelten später häufiger einen Typ-1-Diabetes. Besonders deutlich war dieser Zusammenhang, wenn ein Virus der Urheber der frühkindlichen Infektion war. Infektionen, die dagegen später oder an anderen Organen auftraten, waren nicht mit einem höheren Risiko verbunden, wie die Forscher berichten.

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„Unsere Ergebnisse zeigen, dass virale Atemwegserkrankungen innerhalb der ersten sechs Lebensmonate das Risiko für Kinder, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, signifikant erhöhen“, berichtet Andreas Beyerlein vom Helmholtz Zentrum München. Erkrankten Kinder zweimal in den ersten sechs Monaten, verdoppelte sich das Risiko, wie die Auswertungen ergaben.

Ursache und Wirkung noch unklar

Noch ist allerdings unklar, ob die Infektionen das Immunsystem der Kinder anfälliger für den späteren Diabetes macht oder ob sie sich die Infektionen einfangen, weil ihr Immunsystem schon von Geburt an anders reagiert als das anderer Kinder. Dennoch ist diese neue Erkenntnis für die Forscher ein weiterer Baustein auf dem Weg, die Entstehung von Typ-1-Diabetes zu verstehen – und es bestätigt, dass in den ersten sechs Monaten des Lebens wichtige Weichen für das Immunsystem gestellt werden.

Künftig wollen sie herausfinden, ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang besteht und wenn ja, welche Krankheitserreger genau beteiligt sind und wie sie diesen Effekt auslösen. Auf dieser Grundlage könnte man dann möglicherweise versuchen, eine entsprechende Impfung zu entwickeln. (JAMA, 2016; doi: 10.1001/jama.2016. 2181)

(Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, 06.05.2016 – NPO)

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