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Archäologie

Totenfund in der rätselhaften „Ebene der Tonkrüge“

2.500 Jahre alte Überreste geben erste Hinweise auf Schöpfer der riesenhaften Steingefäße

2.500 Jahre alte menschliche Überreste, gefunden in der Ebene der Tonkrüge in Laos. Dieser Tote wurde - eine Ausnahme an dieser Stätte - offenbar direkt begraben, ohne dass er zuvor verweste und dann umgebettet wurde. © ANU

Lager für die Toten? Archäologen haben erstmals menschliche Überreste in der geheimnisvollen „Ebene der Tonkrüge“ in Laos entdeckt. Zwischen den riesenhaften Steingefäßen stießen sie auf zahlreiche 2.500 Jahre alte Knochen. Diese wurden zum größten Teil erst nach der Verwesung der Toten beerdigt – was darauf hindeuten könnte, dass die mysteriösen Riesenbehälter der Vorbereitung der Toten dienten.

Die „Ebene der Tonkrüge“ in Laos gehört zu den Rätseln der Archäologie. Denn in diesem ausgedehnten Gebiet gibt es knapp 90 Orte, an denen riesenhafte Steingefäße in der Landschaft herumstehen. Diese mehr als tausend Gefäße stammen aus der Zeit zwischen 600 vor und 500 nach Christus. Doch wer sie schuf und wozu diese bis zu drei Meter hohen, aus Stein gehauenen Behältnisse dienen, ist bisher unbekannt.

Menschliche Knochen entdeckt

Neue Funde in der Ebene der Tonkrüge könnte nun dazu beitragen, dieses Rätsel zu lösen. In der sogenannten Stätte 1 nahe der Provinzhauptstadt Phonsavan haben Archäologen im Februar 2016 eine fünfwöchige Ausgrabung durchgeführt. „Dies ist der erste größere Versuch seit den 1930er Jahren, den Zweck dieser Gefäße herauszufinden und wer sie einst erschuf“, erklärt Grabungsleiter Dougald O’Reilly von der Australian National University in Canberra.

Und tatsächlich wurden die Forscher fündig: Sie entdeckten zwischen den Steingefäßen zahlreiche menschliche Überreste. Datierungen nach sind sie rund 2.500 Jahre alt und stammen daher aus der Zeit, in der auch die Steingefäße errichtet wurden. Zumindest die Stätte 1 in der Ebene der Tonkrüge könnte demnach ein Ort der Toten gewesen sein.

Mehr als tausend dieser rätselhaften Steingefäße gibt es in der "Ebene der Tonkrüge" in Laos. © Danielloh79/ CC-by-sa 3.0

Erst verwest, dann begraben

„Es ist nun klar, dass die Gefäße im Kontext von Bestattungen standen und zur Verwahrung der Toten dienten“, sagt O’Reilly. „Die Gefäße könnten genutzt worden sein, um darin die Leichen verwesen zu lassen. Nachdem sich dann das Fleisch von den Knochen gelöst hatte, wurden diese rund um die Gefäße begraben.“

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Diese Sitte, die Toten zu entbeinen und nur ihre Knochen zu begraben, existierte in ähnlicher Form auch im Hochland von Kambodscha. Dort haben Archäologen vor einigen Jahren zahlreiche Gefäße und kleine Steinsärge mit Menschenknochen entdeckt. Im Gegensatz zu der dortigen Sitte dienen die Steingefäße in der Ebene der Tonkrüge von Laos aber offenbar nicht der Bestattung der Knochen, sondern eher der Vorbereitung der Leichen.

Gruben, Krüge und ein Doppelgrab

Wie die Forscher berichten, wurden die neuentdeckten menschlichen Relikte auf drei ganz unterschiedliche Weise bestattet: „Es gibt Gruben voller Knochen, die von einer großen Kalksteinplatte abgedeckt wurden“, berichtet O’Reilly. „An anderer Stelle wurden Knochen in Keramikgefäße gelegt, bevor sie eingegraben wurden.“

Ausgrabungen in der Ebene der Tonkrüge nahePhonsavan. © ANU

Besonders spannend ist jedoch der Fund eines weiteren Grabtyps: „Zum ersten Mal haben wir hier auch ein primäres Begräbnis entdeckt, bei dem der Körper der Toten intakt in ein Grab gelegt wurde“, berichtet O’Reilly. Das Grab enthielt sowohl die Überreste eines Erwachsenen als auch den Schädel eines rund achtjährigen Kindes.

Wer waren die Toten?

Der erwachsene Tote lag halbsitzend im Grab und sein Gesicht war von einem Quarz-Stein bedeckt, der in der Mitte ein Loch hat. „Als wir ihn ausgruben, schien dieser Schädel durch dieses Loch zu schauen“, erzählt der Forscher. „Das ist ziemlich interessant. Aber ob diese Position Absicht war, ist schwer zu sagen.“

Weil Grabbeigaben fehlen, können die Archäologen bisher auch wenig zum Status der Toten sagen – ob diese einfache Leute waren oder Angehörige der Elite. Wie die Steingefäße in der Ebene der Tonkrüge unterschiedlich groß und nur teilweise verziert sind, gehen die Forscher davon aus, das die Kultur ihrer Schöpfer hierarchisch gegliedert war und die Gefäße den unterschiedlichen Status der Toten widerspiegeln.

Die Archäologen hoffen, bald mehr über die rätselhaften Schöpfer der Steingefäße zu erfahren, denn bisher ist erst ein kleiner Teil der neuen Funde analysiert. So wurden auch einige Zähne in den Totengruben entdeckt, die nun im Labor auf DNA untersucht werden sollen. Sie könnten Aufschluss über die Herkunft und Zugehörigkeit dieser Kultur geben. Auch Knochen und mögliche Rückstände in den Steingefäßen sollen chemisch analysiert werden. „Dies könnte eine Menge an Informationen darüber liefern, wer diese Menschen waren“, sagt O’Reilly.

(Australian National University, 08.04.2016 – NPO)

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