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Evolution

305 Millionen Jahre alte „Fast-Spinne“ entdeckt

Fossil liefert entscheidende Hinweise zur Evolution der ersten echten Spinnen

Auf CT-Aufnahmen basierende Rekonstruktion der Fast-Spinne Idmonarachne brasieri © Garwood et al./ University of Manchester

Bindeglied der Spinnen-Evolution: In Frankreich haben Paläontologen eine 305 Millionen Jahre alte „Fast-Spinne“ entdeckt. Das Fossil repräsentiert die bisher engste Spinnenverwandte aus dieser frühen Zeit. Sie besaß bereits die typischen klauenbewehrten Mundwerkzeuge der Spinnen und konnte Spinnseide produzieren, ihr fehlten aber noch die Spinndrüsen, wie die Forscher berichten. Sie nehme damit eine Schlüsselposition in der Evolution der Spinnen ein.

Spinnentiere gehören zu den ältesten Tieren, die das Land eroberten. Schon vor rund 410 Millionen Jahren krabbelten die Achtbeiner umher und jagten Beute. Die ersten echten Spinnen entwickelten sich wahrscheinlich im späten Karbon vor rund 315 Millionen Jahren, wann genau und wie dies geschah, ist jedoch bisher weitgehend unklar – auch aus Mangel an Fossilien.

Dreidimensional erhalten

Ein wichtiges Bindeglied der Spinnen-Evolution haben nun Russell Garwood von der University of Manchester und seine Kollegen im französischen Montceau-les-Mines entdeckt. In einer 305 Millionen Jahre alten Eisencarbonat-Formation stießen sie auf das gut erhaltene Fossil eines verblüffend spinnenähnlichen Gliederfüßers. Weil das Fossil fast vollständig vom feinkörnigen Gestein umgeben war, enthüllte erst eine Computertomografie seine anatomischen Details.

Dabei zeigte sich: Dieses rund ein Zentimeter große Spinnentier besaß bereits die typischen klauenbewehrten Mundwerkzeuge der modernen Spinnen. Auch die Beine und Taster haben schon eine spinnenähnliche Form, wie die Forscher berichten. Damit unterscheidet es sich von den zuvor in dieser Formation entdeckten Uraneiden, denen diese Merkmale fehlten und die als Schwestergruppe der echten Spinnen gelten.

Das 305 Millionen Jahre alte Fossil von Idmonarachne im Originalzustand. © Garwood et al. / Royal Society

„Schlüsselposition in der Spinnen-Evolution“

„Unser neues Fossil nimmt damit eine Schlüsselposition in der Evolution der Spinnen ein“, sagt Garwood. Um dies zu unterstreichen, tauften die Forscher die neuen Art Idmonarachne brasieri, nach der Figur des Idmon aus der griechischen Mythologie. Er war der Vater der Weberin Arachne, die von einer eifersüchtigen Göttin in eine Spinne verwandelt wurde – und den Spinnentieren ihren Namen „Arachnida“ gab.

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Allerdings war wohl auch Idmonarachne noch keine echte Spinne: „Obwohl es einen spinnenähnlichen Habitus besitzt, fehlt diesem bemerkenswerten Fossil ein Schlüsselmerkmal der echten Spinnen: die Spinndrüsen an der Unterseite des Hinterleibs“, erklären Garwood und seine Kollegen. Zudem waren die Segmente seines Hinterleibs noch nicht miteinander verschmolzen, wie dies bei echten Spinnen der Fall ist.

Die Forscher vermuten aber, dass Idmonarachne trotzdem schon Spinnenseide produzieren konnte. Zwar gelang es ihr wegen der fehlenden Spinndrüsen nicht, diese zu den feinen, aber stabilen Netzen zu spinnen, sie könnte die Seide aber genutzt haben, um ihr Nest auszupolstern oder eine Spur zu legen.

Jede Menge Fast-Spinnen

Der Fund dieser Fast-Spinne spricht nach Angaben der Wissenschaftler dafür, dass das späte Karbon eine entscheidende Zeit für die Evolution der Spinnen gewesen sein könnte. „Offensichtlich lebten damals die ersten echten Spinnen neben engen Verwandten, die ihnen äußerlich schon sehr nahe kamen, aber denen die volle Palette der Spinnenmerkmale fehlten“, so Garwood und seine Kollegen.

Unter diesen Fast-Spinnen war auch Idmonarachne. „Sie hat uns wertvolle neue Information darüber geliefert, in welcher Reihenfolge sich die Teile der Anatomie entwickelten, die wir mit den Spinnen verbinden“, sagt Garwood. Die Forscher hoffen, durch weitere Fossilfunde aus dieser Zeit die komplizierte Evolution dieser Tiergruppe künftig komplett rekonstruieren zu können. (Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 2016; doi: 10.1098/rspb.2016.0125)

(University of Manchester, 31.03.2016 – NPO)

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