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Medizin

Zika-Virus kann Guillain-Barré Syndrom auslösen

Auffällige Häufung von Fällen während einer Zika-Epidemie in Polynesien

Bei der akuten, entzündlichen Nervenkrankheit Guillain-Barré Syndrom greift das Immunsytem die Myelinscheide um die Nerven an. © Bluering Media/iStock.com

Schlechte Nachricht: Eine Infektion mit dem Zika-Virus kann offenbar auch das Guillain-Barré Syndrom auslösen. Darauf deutet eine auffällige Häufung von Patienten mit dieser Nervenkrankheit während eines Zika-Ausbruchs in Französisch-Polynesien hin. Das könnte bedeuten, dass sich künftig auch in anderen Gebieten mit Zika-Epidemien Fälle dieser akuten Nervenerkrankung häufen, warnen die Forscher im Fachmagazin „The Lancet“.

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Das Guillain-Barré Syndrom (GBS) ist eine noch immer nicht vollständig aufgeklärte akute Autoimmun-Erkrankung des Nervensystems. Dabei entzünden sich die Myelinscheiden von Nervenfasern und werden vom Immunsystem angegriffen und zerstört. Als Folge treten innerhalb sehr kurzer Zeit Schwäche und Lähmungen von Armen und Beinen auf. In schweren Fällen kann auch die Atmung gelähmt werden. Die Krankheit ist aber bei rechtzeitiger Diagnose vollständig heilbar.

Ungewöhnliche Häufung von Fällen

Schon länger ist bekannt, dass das Guillain-Barré Syndrom häufig nach Virusinfektionen auftritt, beispielsweise mit Herpes, Influenza oder Dengue. Deshalb haben Arnaud Fontanet vom Institut Pasteur in Paris und seine Kollegen untersucht, ob möglicherweise auch das Zika-Virus als Trigger für Guillain-Barré fungieren kann. Denn Dengue und Zika sind eng verwandt und gehören beide zur Gattung der Flaviviren.

Ausgangspunkt der Studie war eine ungewöhnliche Häufung des Guillain-Barré Syndroms in Französisch-Polynesien. Dort waren zwischen November 2013 und Februar 2014 gleich 42 Menschen an diesem Nervenleiden erkrankt. Das Auffällige daran: Zu dieser Zeit erlebte der Inselstaat den größten Zika-Ausbruch jemals, mindestens 32.000 Menschen wurden infiziert. Für ihre Studie analysierten die Forscher Blut und Infektionsgeschichte der GBS-Patienten.

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Viren-Antikörper im Blut

Und tatsächlich: Wie die Bluttests ergaben, trugen alle Guillain-Barré-Patienten Antikörper gegen das Zika-Virus in sich, bei 41 von ihnen wurden auch Viren-Komponenten im Blut nachgewiesen. „Die meisten der Patienten mit Guillain-Barré Syndrom berichteten zudem, dass sie rund sechs Tage vor Beginn der neurologischen Symptome die Symptome einer Zika-Infektion bemerkt hatten“, berichtet Fontanet.

Nach Ansicht der Forscher spricht die Häufung der Guillain-Barré-Fälle zusammen mit der Infektion aller Patienten mit dem Zika-Virus dafür, dass es einen kausalen Zusammenhang gibt. Zwar sind auch Infektionen mit dem Dengue-Virus auf diesen Inseln häufig, aber in der Kontrollgruppe zeigten ähnlich viele Personen Antikörper gegen dieses Virus, ohne dass sie an GBS erkrankt waren.

„Belege für einen Zusammenhang“

Für eine ursächliche Verbindung mit dem Zika-Virus spricht nach Meinung der Mediziner zudem, dass alle 42 Patienten den gleichen Typ des Guillain-Barré Syndroms entwickelten, die sogenannte akute motor-axonale Neuropathie (AMAN). Außerdem erholten sich alle Patienten nach der Therapie schneller als sonst bei GBS üblich.

„Die Studie liefert Belege dafür, dass das Zika-Virus das Guillain-Barré Syndrom auslösen kann“, sagt Fontanet. „Das Zika-Virus sollte daher zu der Liste der Krankheitserreger hinzugefügt werden, die das Guillain-Barré Syndrom hervorrufen können.“ Ausgehend von den Ergebnissen in Französisch-Polynesien kommen die Forscher dort auf Fallzahlen von 24 GBS-Fällen bei 100.000 mit dem Zika-Virus infizierten Menschen. Zum Vergleich: In Europa und Nordamerika erkranken jährlich eine bis zwei Personen von 100.000 am Guillain-Barré Syndrom.

Weitere Fälle zu erwarten

Zwar ist nicht geklärt, ob die in anderen Regionen der Welt verbreiteten Zika-Stämme eine ähnliche Wirkung haben. Dennoch rechnen die Forscher damit, dass in den kommenden Monaten auch in Lateinamerika und anderen Gebieten mit Zika-Virus-Epidemien vermehrt Guillain-Barré-Fälle auftreten werden.

„Noch ist nicht klar, ob das Zika-Virus der aktuellen Ausbrüche mit dem der vergangenen identisch ist und ob es sich in einer Menschenpopulation mit anderem genetischen und immunologischen Hintergrund genauso verhält“, schreibt David Smith von der University of Western Australia in einem begleitenden Kommentar. „Aber das Zika-Virus sollte in unsere Liste der Trigger-Viren aufgenommen werden.“ (The Lancet, 2016; doi: 10.1016/S0140-6736(16)00562-6)

(The Lancet, 01.03.2016 – NPO)

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